50+: Kein Urlaub ohne Arbeit

Frau sitzt mit Laptop auf den Beinen am Pool

Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen zunehmend. Eine alarmierende Entwicklung, die vor allem Berufstätige über 50 betrifft, die in ihren Ferien für den Job dauerereichbar sind.

In diesem Sommer bleiben zwei Drittel der Beschäftigten auch im Urlaubs beruflich erreichbar, wie eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt. Besonders auffällig: Menschen in der höheren Lebensmitte sind häufiger im Urlaub dienstlich aktiv. Fast drei Viertel (73 Prozent) der 50- bis 64-Jährigen geben an, erreichbar zu sein, während es bei den Berufsanfänger:innen im Alter von 16 bis 29 Jahren nur die Hälfte (51 Prozent) ist.

Ein knappes Drittel (31 Prozent) der Befragten plant jedoch, im kommenden Urlaub keine dienstlichen Anfragen zu beantworten. Ihnen ist eine echte Auszeit vom Job wichtig – auch mit Blick auf die Gesundheit und die zunehmenden Belastungen durch Arbeitsverdichtung, Digitalisierung und Fachkräftemangel. Gerade in Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten verschwimmen für viele die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben, was echte Erholung umso wichtiger macht.


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Dafür aber ist ein Umdenken in der Arbeitswelt nötig. Ansprechbarkeit und Erreichbarkeit darf im Urlaub und an freien Tagen nicht erwartet werden; Störungen sollten nur in sehr dringenden Notfällen erfolgen. Arbeitgeber müssen daher rechtzeitig Vertretungen organisieren und klare Regelungen für die Erreichbarkeit während Abwesenheiten festlegen.

Die meisten Unterbrechungen erfolgen durch Anrufe

Die Umfrage zeigt auch, dass über die Hälfte (59 Prozent) der Berufstätigen angibt, dass Vorgesetzte eine Erreichbarkeit auch während der Freizeit erwarten. 51 Prozent spüren Druck von Kolleg:innen, 46 Prozent von Kund:innen, 25 Prozent von Geschäftspartner:innen und 13 Prozent von Mitarbeitenden. Interessanterweise wollen nur 15 Prozent der Befragten im Sommerurlaub von sich aus erreichbar sein. In den meisten Fällen (65 Prozent) unterbrechen Anrufe und Kurznachrichten den Urlaub. Knapp ein Drittel (29 Prozent) liest während der Ferien E-Mails, und fast ein Viertel (23 Prozent) nimmt an Videocalls teil.

An der repräsentativen Befragung nahmen insgesamt 1.005 Personen ab 16 Jahren teil, darunter 357 Berufstätige, die in diesem Jahr in den Sommerurlaub fahren wollen. Die Ergebnisse der Umfrage beleuchten die aktuelle Arbeitskultur in Deutschland, wo die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend verschwimmen.

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Tina Groll

Tina Groll, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft, konzentriert sich als Autorin von WIR SIND DER WANDEL auf Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren” aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat und Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union.