Bühne frei für neue Ideen

Schriftzug Be creative auf einem Zettel

Wer die Zukunft erreichen will, braucht neue Ideen. Andere Ideen. Bessere Ideen. Viele solcher Ideen. Ideen, die dann auch in die Umsetzung gehen. Wie ein erfolgversprechender Ideenentwicklungsprozess ablaufen kann, weiß Anne M. Schüller.

Ein Gastbeitrag von Anne M. Schüller

Was die Unternehmen jetzt am dringendsten brauchen, sind innovative Gedanken und pfiffige Initiativen, um weiterhin attraktiv für ihre Kunden zu sein. Neuerungen können aber nur dort entstehen, wo es den passenden Nährboden gibt: die Erlaubnis zum Widerspruch, ein freizügiges Teilen guter Ideen, eine ergebnisoffene Lernkultur sowie Freiraum zum Experimentieren.

Die wichtigste Fähigkeit, die man dazu benötigt, ist die ständige Bereitschaft zum Umdenken und Andersmachen. Denn das, was im Markt etabliert und üblich ist, sorgt für Isomorphie: Alles gleicht sich immer mehr an. Und das macht die Preise kaputt. Nur das Besondere, Faszinierende, Bemerkenswerte hat eine glanzvolle Zukunft. Das schafft man nicht mit Regelbetrieb, sondern nur mit Regelbruch.

So gilt es, gemeinsam mit kreativen Gleichgesinnten viele gute neue Ideen zu entwickeln und die jeweils passendsten rasch und agil umzusetzen. Dazu braucht es auch „Über-den-Tellerrand-Schauer“ und „Um-die-Ecke-Denker“, eben interne Quer- und Weiterdenker oder auch Corporate Rebels. Sie nämlich sind Infragesteller, Andersmacher, Vorwärtsbringer, Zukunftsgestalter. Sie sprühen vor Ideen, wie man das, was in die Jahre gekommen ist, besser machen könnte, sollte und müsste. Sie reden Klartext, wenn sie Verfahrensweisen aufgespürt haben, die aus der Zeit gefallen sind. Sie zeigen auf alles, was für Kollegen und Kunden eine Zumutung ist. Sie sind offen für Fortschritt und treiben mit frischem Wind den Wandel voran. Und all das tun sie, weil ihre Firma ihnen wirklich am Herzen liegt.

Individualisierung, Erlebnisse und die Weisheit der Vielen

Früher hatten alle die gleiche Schallplatte, heute hat jeder seine ganz persönliche Playlist. Das heißt, die Kunden von heute wollen keine Allerweltslösungen und Gleichmacherei, sondern Originalität, Flexibilität und die Freiheit der Wahl. Individualisierung, Emotionalisierung und Erlebnisse, Customer Experiences genannt, sind fortan die ganz großen Trends. Wer darauf eingeht, sorgt für Loyalität, für Weiterempfehlungen und für Aufpreisbereitschaft.

Will man sich also aus der Belanglosigkeit lösen, braucht es ständig neue Ideen – von Menschen, die außergewöhnliche Dinge denken und tun. Indem man die Vorstöße interner Freigeister einfallsreich nutzt, macht man sich spannend – und damit begehrlich. Man kann gar nicht genug verrückte Ideen haben, um seine Kunden immer wieder neu zu betören und weitererzählbare Erlebnisse zu schaffen. Zudem braucht man viele solcher Ideen. Denn nur, wer viel würfelt, der würfelt am Ende auch Sechser.

Gemeinsam gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln

Ferner muss die interne Rivalität schwinden. Solange es bonifizierte Einzelziele gibt, will jeder für sich erfolgreich sein. Hingegen hat die in der Sharing-Economy sozialisierte junge Generation längst verstanden, wie arm man bleibt, wenn man alles für sich behält, und wie reich man wird, wenn man teilt.

Wenn es zum Beispiel in einer Organisation zehn Vertriebler gibt und alle teilen ihren besten verkäuferischen Tipp miteinander, dann hat jeder seine eigene plus neun weitere exzellente Ideen. Auch das Unternehmen als Ganzes profitiert kräftig davon. Gemeinsam gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte und auf die man allein nicht gekommen wäre. Mit genügend klugen Köpfen löst man jedes Problem.

Von der Entwicklung neuer Ideen bis zur Machbarkeit

Damit am Ende wirklich große Ideen entstehen, braucht es anfangs eine Prise Verrücktheit, also überzogene, gewagte, kuriose, schrullige, spektakuläre, skurrile Ausgangsideen. Sie sollen unser Denken beflügeln. Verrückte Ideen sind oft auch die Basis für außergewöhnlich gute Ideen. Zudem lernt man nicht nur von guten, sondern auch von schlechten Ideen.

Insofern haben größere Ideenprojekte zwei voneinander getrennte Phasen: die Phase der Ideenfindung und die Phase der Überführung in die Realität. Die Zusammensetzung der Gruppe kann dabei variieren:

  • Die Kreativgruppe besteht aus Menschen, die eine besondere Eignung für Neuanfänge, Übergänge und Vorreitertum haben: Visionäre, Pioniere und Regelbrecher. Sie geben den kreativen Input und entwickeln Vorwärtsdrang. Sie stellen die abwegigsten Fragen, sie denken das Undenkbare und träumen sich in die schönsten Luftschlösser rein. Sie sehen in allem Neuen ein Eldorado von Chancen und nicht gleich Gefahr. Für Routinevorgänge und Kleinteiligkeit fehlt diesem Typ Mensch das Talent. Superkreative ziehen oft derart viel „Kick“ aus dem reinen Erfindungsprozess, dass sie die Lust verlieren, sobald es an die Umsetzung geht.
  • Die Umsetzungsgruppe besteht aus Menschen, die pragmatisch, strukturiert und umsetzungstalentiert sind. Denn in Phase zwei kehrt man auf den Boden der Tatsachen zurück. Man filtert, priorisiert und konzentriert sich auf die wirklich brauchbaren Ideen. Hierbei geht es um Machbarkeit auf hohem Niveau, und das erfordert einen anderen Menschentyp: Routiniers, Macher, konstruktive Skeptiker, Detailverliebte. Werden diese zu früh in ein Projekt einbezogen, ersticken sie jede verrückte Idee schon im Keim. Später hingegen stellen sie sicher, dass wirklich an alles gedacht wird, und dass das Ganze am Ende auch funktioniert.

Bevor es mit der Ideenfindung tatsächlich losgeht, muss das ursächliche Problem verstanden und durchdrungen werden. Daher macht man zunächst eine Vorrecherche. Hiernach formuliert man eine konkrete Frage: „Wie können wir… ?“ Erst danach beginnt die Suche nach Ideen. In dieser Phase werfen die Teilnehmer ihre Einfälle wie bunte Bälle in den Raum, ohne sie zu bewerten. Sie schärfen ihre Gedankenrohlinge im Austausch und pflegen die Kunst des gemeinsamen Denkens, wodurch sich Geistesblitze auf spannende Weise miteinander verknüpfen.

So gelingt die Priorisierung der erfolgversprechendsten Ideen

Nach der Ideenfindung folgt die Priorisierung. Hierbei kann man sich an den „6 R“ orientieren: Ist die Idee

  • relevant für den internen/externen Kunden? Bringt sie Nutzen?
  • revolutionär im Sinne von anders und überraschend neu?
  • rasch umsetzbar, zumindest in einer ersten Probeversion?
  • robust, das heißt, hält sie dem Einsatz in der Praxis stand?
  • reproduzierbar, lässt sie sich weiterentwickeln oder skalieren?
  • rentierlich, kann man also damit (zügig) Geld verdienen?

Dies lässt sich in Form einer Entscheidungsmatrix repräsentieren. Dabei geht es um die Achsen Nützlichkeit/potenzielle Nachfrage und Machbarkeit/Wirtschaftlichkeit. Was aus Sicht des Kunden maßgeblich ist, hat dabei Vorrang. Erst dann geht es darum, ob und wie man zur Umsetzung in der Lage ist.

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller, Keynote-Speakerin, Bestsellerautorin und Businesscoach, gilt als eine der führenden Expertinnen für „Touchpoint Management“ und kundenfokussierte Unternehmenstransformation. Der Gastbeitrag stammt aus dem Buch Querdenker verzweifelt gesucht.

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