Eine aktuelle Studie enthüllt: Deutsche Mittelständler kämpfen mit einem enormen bürokratischen Aufwand. Laut dem KfW-Mittelstandspanel verbringen Beschäftigte durchschnittlich 32 Stunden pro Monat mit administrativen Aufgaben.
Die Beschäftigten der rund 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland verbringen im Schnitt sieben Prozent ihrer Arbeitszeit mit bürokratischen Aufgaben. Das entspricht 32 Stunden pro Monat und Unternehmen – oder 1,5 Milliarden Arbeitsstunden im Jahr.
Diese Zahlen stammen aus dem KfW-Mittelstandspanel, einer repräsentativen Befragung, die KfW Research seit 2002 jährlich durchführt. Dabei werden kleine und mittlere Unternehmen aus allen Branchen und Größenklassen befragt. An der jüngsten Erhebung beteiligten sich rund 10.000 Unternehmen.
Bürokratie bleibt größtes Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit
Im Panel lautete die zentrale Frage: “Was schätzen Sie, wie hoch ist der Aufwand für Ihr Unternehmen zur Erfüllung aller gesetzlicher Vorgaben? (in Arbeitsstunden pro Monat)”. Gemeint sind dabei Aufgaben wie das Ausfüllen von Formularen für Steuer- und Sozialversicherungsbehörden, die Einhaltung von Datenschutzvorgaben, Arbeitsrecht, Umweltschutz oder technischen Standards.
Nicht erfasst wurden Belastungen, die sich schwer in Arbeitszeit messen lassen, etwa langwierige Genehmigungsverfahren, schlechte Erreichbarkeit von Behörden oder unklare Vorschriften. “Speziell diese psychologischen Kosten im Umgang mit Bürokratie nehmen bei vielen Unternehmen aber eine tragende Rolle ein. Diese sind allerdings nicht messbar. Klar ist: Aus Sicht der mittelständischen Unternehmen ist der Faktor Bürokratie das mit Abstand größte Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit und den Standort Deutschland”, erklärt Dr. Michael Schwartz, Mittelstandsexperte der KfW.
Mittelständler verbringen 3 Prozent ihrer Arbeitszeit mit bürokratischen Anforderungen
Die Umfrage zeigt, dass Solo-Selbstständige den höchsten bürokratischen Aufwand haben: Sie investieren 8,7 Prozent ihrer Arbeitszeit in diese Aufgaben. Mit wachsender Unternehmensgröße sinkt die relative Belastung. Besonders betroffen ist das Baugewerbe, das 8,1 Prozent der Arbeitszeit für Bürokratie aufwendet.
Im Median verbringen Mittelständler drei Prozent ihrer Arbeitszeit – maximal 15 Stunden im Monat – mit bürokratischen Anforderungen. Die Hälfte der Unternehmen benötigt mehr, die andere Hälfte weniger Zeit. Am meisten Aufwand verursachen Steuerangelegenheiten, die 70 Prozent der Befragten als größte Belastung nennen. Es folgen Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten sowie Anforderungen im Rechnungswesen.
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Bürokratieabbau als wirtschaftspolitische Priorität
2023 lagen die durchschnittlichen Arbeitskosten in Deutschland laut Statistischem Bundesamt bei 41,30 Euro pro Stunde. Auf dieser Basis gaben mittelständische Unternehmen im vergangenen Jahr rund 61 Milliarden Euro für die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben aus. Das entspricht 3,9 Prozent ihrer jährlichen Personalkosten.
“Der Begriff Bürokratie ist sehr negativ besetzt. Dabei ist Bürokratie grundsätzlich eine wesentliche Grundlage unseres Wirtschaftssystems. Standardisierte und formalisierte Verfahren sind Voraussetzung für regelgebundenes Handeln, das Rechtssicherheit und einen fairen Wettbewerb ermöglicht”, betont Schwartz. “Mit zunehmender Bürokratie steigt jedoch das Risiko, dass die Kosten den Nutzen übersteigen. Der Abbau von Bürokratie ist daher aus Sicht des Mittelstands derzeit das drängendste wirtschaftspolitische Thema.”