Bundesregierung muss sich bei der Frauenquote anstrengen

Frau schaut vor Hauswand hervor

In der vergangenen Woche hatte die Bundeskanzlerin Führungsfrauen und Multiplikatorinnen ins Bundeskanzler(innen)amt eingeladen. Zum zweiten Mal war die Frauenquote  im Rahmen einer exklusiven Veranstaltung Thema.

Und auch wenn der neue Women-on-Board-Index (WOB) positive Zahlen zeigt und weiter am Quotengesetz gearbeitet wird: Eine neue Studie der Beratung Kienbaum mit dem Titel “Frauen-Macht-Regierung” zeigt, dass die Bundesregierung selbst das Thema etwas ernster nehmen sollte.

Bereits zum zweiten Mal nach 2012 hatte Kienbaum die Zusammensetzung der Führungsebene des Kanzleramtes und der Ministerien untersucht. Immerhin ist die Regierung etwas besser als die Wirtschaft – wird sie ja immerhin von einer Frau geführt. Im Bundeskanzleramt und den Bundesministerien liegt der Frauenanteil an den Führungskräften inzwischen bei 32 Prozent – gegenüber 29 Prozent im Jahre 2012. Damit ist der Anteil von Führungsfrauen so hoch wie bei keiner anderen Bundesregierung zuvor. So weit so gut.

Es gibt noch viel zu tun

Betrachtet man nur die oberste Führungsebene (Kanzlerin/Minister, beamtete Staatssekretäre), liegt der Anteil bei 29 Prozent – das ist immerhin fast Quoten-Maß. Allerdings stagniert der Frauenanteil in den obersten Leitungspositionen seit Jahren. In sieben Ministerien und dem Bundespresseamt gibt es auf dieser Führungsebene keine Frau. Auf den nächsten Führungsebenen – bei den Abteilungsleitern und Unterabteilungsleitern – hat es zwar deutliche Zuwächse gegeben, doch liegen die Frauenanteile  hier sogar niedriger als in entsprechenden Führungsetagen der Wirtschaft.

Die meisten Frauen in Führungspositionen hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) – das erstaunt nicht unbedingt. Dort beträgt der Anteil 52,6 Prozent. An zweiter Stelle kommt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit 46,6 Prozent und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 42,5 Prozent. Am wenigsten Frauen gibt es im von der Quotenbefürworterin Ursula von der Leyen geführten Bundesverteidigungsministerium.  Allerdings hat es hier den stärksten Anstieg gegeben. Von der Leyen hat einige Frauen in ihre Ressort berufen.

Ähnlich dynamisch ist der Zuwachs auch im  Auswärtige Amt, das als einziges Ressort den Anteil von Führungspositionen insgesamt abgesenkt hat, den Anteil von Frauen in Führung bezogen auf die weibliche Belegschaft aber erhöht hat. Das Landwirtschaftsministerium – schon bislang weitgehend eine Männerdomäne – hat ebenso wie das Bundesministerium für Umwelt und Bauen einen Rückgang des Frauenanteils in Führung zu verzeichnen. Insgesamt stagniert die Dynamik der Steigerung des Frauenanteils im Durchschnitt der  Ressorts.

Frauen weiterhin unterrepräsentiert

Ob Frauen entsprechend zu ihrem Anteil an den Beschäftigten auch in den Führungsfunktionen eines Ressorts vertreten sind, zeigt der von Kienbaum entwickelte Frauen-Führungs-Quotient: Wenn der Anteil der Frauen in Führungspositionen genau ihrem Anteil an der Beschäftigtenzahl entspricht, beträgt der Quotient 1. Dies wird von keinem Ministerium auch nur annähernd erreicht. Das heißt, in allen Ressorts sind weibliche Führungskräfte gemessen an ihrem Anteil an den Gesamtbeschäftigten unterrepräsentiert.

Am besten schneidet das Haus von Entwicklungshilfeminister ab: Hier beträgt der Quotient 0,85. Am schlechtesten steht das Finanzministerium da.

Wie auch auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten gibt es in der Politik eine geschlechtesspezische vertikale Segmentation. Die Frauen sind eher in den Ressorts zu finden, die sich mit eher “weiblichen” Themen beschäftigten – wie etwa dem Ressort Familie. Und auch der Anteil der Frauen in den Spitzenpositionen in den Ressorts hat einen Einfluss darauf, wie es sich mit dem Frauenanteil generell verhält.  Wenn es innerhalb der vergangenen zehn Jahre die meiste Zeit eine weibliche Hausleitung gab, liegen diese Ressorts beim Anteil der Frauen an allen Führungspositionen eher vorne als vorwiegend oder ausschließlich männlich geführte Häuser. Für die erste und zweite Führungsebene (Abteilungsleiter aufwärts) – also dort, wo der Einfluss der Hausleitung auf die Stellenbesetzung am größten ist – gilt: Die Wahrscheinlichkeit für einen höheren Frauenanteil in den oberen Führungsebenen steigt, wenn das Ressort von einer Frau geführt wird.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.