Viele Steuerpflichtige, die gerade an ihrer Steuererklärung fürs Corona-Jahr 2020 sitzen, ärgern sich. Denn bei der Steuererklärung zeigt sich: Auf vielen Pandemie-Ausgaben bleiben sie sitzen.
Der Grund ist simpel: Wegen der Pandemie hatten viele Beschäftigte höhere Ausgaben, viele sogar weniger Einkommen – aber kaum etwas davon kann bei der Steuererklärung geltend gemacht werden. Im Gegenteil. Da wäre zum Beispiel das Kurzarbeitergeld, das vor allem in Kombination mit Zeiten, in denen man sein normales Gehalt bekommen hat oder mit seinem Partner gemeinsam veranlagt wurde, zu Nachzahlungen führen kann. Das liegt am Progressionsvorbehalt. Der führt nämlich dazu, dass Betroffene – obwohl sie deutlich weniger Einkommen hatten – noch einmal nachträglich vom Staat zur Kasse gebeten werden. Steuerexperten gehen davon aus, dass in manchen Fällen bis zu 12 Prozent des Kurzarbeitergeldes als Nachzahlung drohen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte bereits im Herbst 2020 davor gewarnt, dass viele Menschen – und es sind viele, immerhin waren im April 2020 mehr als sechs Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit – diesen Umstand nicht verstehen werden. Der DGB hatte auch Nachbesserungen gefordert und vorgeschlagen, dass der Progressionsvorbehalt kurzzeitig für 2020 ausgesetzt werden sollte; oder es eine Ausnahme nur für das Kurzarbeitergeld geben könnte. Sogar die FDP hätte dies begrüßt. Trotzdem fand der Vorstoß bei der Regierung kein Gehör. Ausgerechnet das von der SPD geführte Bundesfinanzministerium hatte erklärt, dass die Steuergerechtigkeit und Steuersystematik dagegen sprechen, “Kurzarbeitergeld isoliert zu begünstigen”. Immerhin fallen ja auch andere Lohnersatzleistungen wie Elterngeld oder Krankengeld unter den Progessionsvorbehalt – und für die gäbe es ja auch keine Ausnahmen.
Home-Office wird vielen Mitarbeitenden teuer zu stehen kommen
Ein anderes Beispiel ist das Home-Office, das vielen Mitarbeitenden nun teuer zu stehen kommen dürfte. Und zwar nicht nur, weil man die Pendlerpauschale für Zeiten der Heimarbeit natürlich nicht geltend machen kann. Sondern weil die Kosten für das Arbeiten daheim – trotz vieler Versprechungen aus der Politik – am Ende steuerlich weitgehend als Privatausgaben behandelt werden.
Dabei hatte sich die SPD, namentlich vor allem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, in diesem Fall wirklich für die Mitarbeitenden und die Home-Office-Pauschale ins Zeug gelegt. Sie sollte dafür sorgen, dass die zwischenzeitlich Millionen von Heimarbeitenden wenigstens einen Teil ihrer höheren Strom- und Heizkosten geltend machen können sollten. Und zwar unabhängig davon, ob sie ein eigenes Arbeitszimmer haben oder nicht.
Bis dato konnte man das Home-Office nämlich nur steuerlich abziehen, wenn man einen eigenen, abgetrennten Arbeitsraum vorweisen konnten – und zwar einen, der zu mehr als 90 Prozent beruflich genutzt wird. Doch viele saßen in der Pandemie daheim am Küchentisch oder in einer Arbeitsecke im Schlafzimmer – und wären leer ausgegangen. Heil fand das ungerecht, die Union in Teilen auch. Trotzdem wollten gerade CDU und CSU den Steuerausfall so gering wie möglich halten. Die Koalition verständigte sich daher auf einen Kostenrahmen in Höhe von einer Milliarde Euro – also wurde die Pauschale auf maximal 600 Euro im Jahr begrenzt.
Rohrkrepierer Home-Office-Pauschale
Es gibt aber ein Problem: Die Home-Office-Pauschale bringt den meisten Mitarbeitenden gar nichts. Denn sie wird mit dem Arbeitnehmerpauschbetrag verrechnet. Das führt zu der Situation, dass man erst dann eine Steuererleichtung hat, wenn man Werbungskosten von mehr als 1.000 Euro nachweisen kann. In Zeiten von Flatrates und papierlosem Büro wird das schwer, denn als Werbungskosten werden zwar Arbeitsmittel anerkannt, die gestiegenen Strom- und Heizkosten aber nicht. Die sind ja schon mit der Pauschale abgegolten.
Und so bleibt es dabei: Nur wer ein eigenes Arbeitszimmer hat, kann Ausgaben anteilig umlegen. Für das zeitweilige Home-Office sind 1.250 Euro möglich,. Wer dauerhaft im häuslichen Arbeitszimmer tätig war, kann die Ausgaben sogar unbegrenzt absetzen. Es profitiert also wieder nur, wer zu den Besserverdienenden gehört.
Homeschooling-Ausgaben sind gar nicht absetzbar
Gekniffen sind auch Familien. Viele von ihnen mussten nicht nur den Corona-Wahnsinn mit Home-Office und/oder Kurzarbeit und Arbeitsplatzverlustsorgen schultern. Sie hatten wegen der geschlossenen Schulen und Kitas auch noch Kinderbetreuung und Home-Schooling zu stemmen. Die Gebühren für das Mittagessen in Schule und Kitas gab es zwar häufig zurück, finanziell steht für viele am Ende aber ein fettes Minus auf der Gesamtrechnung: Denn fürs Home-Schooling mussten viele Eltern für die Kinder eigene Geräte anschaffen oder das Internetpaket upgraden, weil alle Familienmitglieder zeitgleich eine Videokonferenz hatten. Doch all diese Ausgaben können nirgends steuerlich geltend werden. So will es das Steuerrecht. Und so will es auch die Politik, der diese Problematik bisher kein einziges Wörtchen wert war.
Tatsächlich sind die Ausgaben für technische Arbeitsmittel der Kinder nicht absetzbar. Denn alle Anschaffungen gelten nach bisherigem Recht mit dem Kinderbonus, dem Kindergeld oder dem Bedarfsfreibetrag als abgegolten. Zwar sollten die Mühen der Eltern mit dem Corona-Kinderbonus anerkannt werden – 300 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind, steuerfrei – allerdings geht auch hier die Rechnung nicht so richtig auf. Das Finanzamt verrechnet den Kinderbonus nämlich mit den Kinderfreibeträgen. Ab einem Familieneinkommen von 67.816 Euro, so teilt es das Bundesfinanzministerium mit, wird der Bonus wieder abgeschmolzen. Für viele Familien mit zwei Durchschnittseinkommen bleibt vom Bonus also nix.
Von der Politik verschaukelt
Und so dürften sich viele Mitarbeitende beim Erstellen ihrer Steuererklärung fürs Corona-Jahr von der Politik verschaukelt fühlen. Nun fällt auf, was man man alles privat schultern muss. Viele Arbeitgeber dagegen haben häufig Kosten eingespart. Das Kurzarbeitergeld hat sich für einige Unternehmen durchaus gerechnet, weil sie dadurch Lohnkosten einsparen konnten. Teile oder gleich ganz die Belegschaft ins Home-Office zu schicken, war ebenfalls mit einer Kostenersparnis verbunden. Denn die Betriebskosten sind viel geringer, wenn nur noch ein Bruchteil der Mannschaft im Büro ist, Strom und Wasser verbraucht oder Dreck macht. Manche Firma hat sogar schon teure oder zu groß gewordene Büros abgeschafft.
Immer wieder wird dieser Tage festgestellt, dass die deutsche Wirtschaft vergleichsweise gut durch die Corona-Krise kommt und dass es vielen Unternehmen relativ gut, manchen sogar blendend geht. Vielleicht hat das auch etwas damit zu tun, wie die Lasten verteilt sind. Einseitig, zu Gunsten der Wirtschaft. Im Grunde aber müsste es ganz anders sein: Arbeitgeber müssten den Arbeitsplatz im Home-Office ihrer Mitarbeitenden mieten. Und dafür Geld bezahlen. Dann wäre es auch fair, an den geltenden Steuerregeln festzuhalten.