Firmen, die über einen längeren Zeitraum hinweg skalieren, haben ein gemeinsames Geheimnis. Sie arbeiten nach einem bestimmten Muster. Manche tun dies ganz bewusst, andere fanden diesen Weg eher zufällig. Wie man diesen Weg auf ganz einfache Weise nutzen kann, weiß Christian Kalkbrenner.
Lässt sich ein Geschäftsmodell mit wenig zusätzlichem Aufwand vervielfachen, spricht man vom Skalieren. Skalierende Unternehmen sind dementsprechend dem Wettbewerb drei Schritte voraus. Bei meiner Analyse der Erfolgsgeschichten von über 200 skalierenden Unternehmen stieß ich auf 12 wiederkehrende Muster, die sich hinter den großen Gemeinsamkeiten wie fähiges Management, intelligente Problemlösungen und pfiffiges Marketing versteckten.
Jedes dieser 12 Muster, ich nennen sie “Alphatrends”, hat die Eigenschaft, die komplette Ausrichtung des Unternehmens zu beeinflussen. Sie funktionieren interkulturell und länderübergreifend. Sie sind nicht der Mode unterworfen, sondern zum Teil seit Jahrhunderten der Erfolgsgarant des Unternehmens.
Besonderheit des Alphatrends
Unternehmen, die mit einem Alphatrend arbeiten, finden leichter neue Problemlösungen und können ihre Botschaften deutlich einfacher kommunizieren. Alle Unternehmensfelder bauen auf dieser Leitlinie auf und die Unternehmen verzetteln sich nicht. Durch diese Klarheit generieren sie eine eindeutige Zielgruppenansprache und zugleich eine stetig steigende Nachfrage. Sie erreichen so ihre hohen und ehrgeizigen Ziele deutlich leichter als ihr Wettbewerb.
Ein Beispiel macht den Zusammenhang deutlich: Trotz einer kapitalstarken und managementerfahrenen Investorengruppe kam Jack Wolfskin in den letzten Jahren nicht aus den roten Zahlen. Im gleichen Zeitraum florierte der Wettbewerber VAUDE und wuchs sogar schneller als die Branche. Worin liegt die Ursache für diese gegenläufige Entwicklung VAUDE nutzt den Alphatrend „die Welt besser machen“ und setzt ihn über die ganzheitliche Interpretation des Themas Nachhaltigkeit um. Die Welt ein Stück weit besser machen ist ein Thema, das vielen Menschen am Herzen liegt, und mit dem Kauf eines VAUDE-Produktes kann der Kunde seine Wertvorstellung bestätigen.
Jack Wolfskin hingegen steht ohne Alphatrend da. So präsentiert das Unternehmen auf der Website einen klassisch gestalteten Online-Shop, ohne dem Kunden die Möglichkeit zu geben, emotional anzudocken. Und während Jack Wolfskin der eigenen hohen Produktqualität die Schuld dafür gibt, dass die Produkte so lange halten und der Kunden so selten nachkauft, sehen VAUDE-Kunden genau darin den Grund, um noch mehr von den Produkten des Unternehmens zu kaufen: eben, weil sie so lange halten.
Der Alphatrend als Fundament der Strategie
Im Herbst 2016 publizierte Jennifer Rostock ihre neue Platte unter dem Namen “Hengstin”. Die Sängerin posierte im Promotion-Video betont aufreizend. Dabei folgten Text, Titel und Aufmachung einer gemeinsamen Linie: “Provozieren”. Und das saß, denn bereits nach einer Woche verzeichnete das Video mehrere Millionen Klicks, und die Verkaufszahlen für die Platte schnellten in die Höhe.
“Provozieren” ist ein Alphatrend, der extrem stark wirkt und Kunden magisch anzieht. Denken Sie nur an “Fifty Shades of Gray” oder die Gunter von Hagens Ausstellung “Körperwelten”, die mittlerweile über 40 Millionen Besuchern zählt. Der Partyschnaps “Ficken” nutzt den gleichen Alphatrend und geht ebenfalls ab durch die Decke.
Sie erahnen es vielleicht schon: Mit Alphatrends lassen sich Wachstumsziele deutlich leichter, effizienter und rascher erreichen. Ein Alphatrend ist aber kein Add-on im Sinne eines Logos oder eines Slogans. Er ist vielmehr das Fundament, auf dem Vision und Strategie des Unternehmens aufbauen. Nachgelagert folgen dann die operativen Ziele, die Ausgestaltung der Corporate Identity und des gesamten Markenauftritts.
Airbnb, Google und der TÜV Rheinland zählen zum Kreis der wachstumsstarken, international vertretenen Unternehmen. Alle drei erzielen Umsätze jenseits der Milliardengrenze. Zwei nutzen das Internet als Basis für ihr Geschäftsmodell, eines agiert in der analogen Welt. Alle drei begründen ihr Geschäftsmodell mit dem gleichen Alphatrend: sie bündeln Wissen.
Nutzern gebündeltes Wissen zur Verfügung stellen
Während Airbnb das Wissen über vermietbare Objekte und Suchende bündelt, fasst Google die im Internet vorhandenen Informationen zusammen. Der TÜV Rheinland entstand 1872 aus dem Bedürfnis heraus, das Wissen über das Verhalten von Dampfkesseln unter Druck zu sammeln, um die damals häufig vorkommenden Explosionen in den Griff zu bekommen. Diese Idee skalierte. Bis heute expandiert das Unternehmen, indem es Wissen bündelt und weltweit zur Sicherheit von Objekten und Dienstleistungen beiträgt. Alle drei entwickelten ihre späteren Visionen und Strategien auf der Basis dieses Alphatrends, ohne dass ihnen das von Anfang an bewusst war.
Übrigens auch Geschäftsmodelle wie Xing, Immoscout24, Tinder oder Wer liefert was fußen sehr erfolgreich auf diesem Alphatrend. Sie alle stellen den Nutzern gebündeltes Wissen zur Verfügung und ermöglichen Zugänge, die dem Einzelnen sonst nicht möglich wären.
Dabei ist die grundsätzliche Funktionsweise der zwölf Alphatrends immer die gleiche, nur die inhaltliche Ausrichtung unterscheidet sich von Fall zu Fall. Denn ein Wissensbündeler agiert in den meisten Fällen anders als jemand, der die Welt ein Stück weit besser machen will. Doch wer “seinen” Alphatrend gefunden hat und seine Unternehmenssegel in der entsprechenden Richtung aufstellt, wird relativ rasch neue Fahrt aufnehmen.
Der Strategieberater Christian Kalkbrenner zeigt Unternehmen den Weg an die Spitze. Für seine Kunden entwirft und begleitet er seit Jahren skalierende Geschäftsmodelle, um deren Umsätze zu vervielfachen und den Unternehmenswert zu steigern. In seinem neuen Buch SCALE UP! Smarte Konzepte für agile Unternehmen schildert er die die Funktionsweise der Alphatrends an vielen praktischen Beispielen.