Das hält kaum einer bis zur Rente durch

Personen auf dem Weg ins Büro

Das gesetzliche Rentensystem hat nicht nur mit dem demografischen Wandel ein Problem – die Mehrheit der Beschäftigten will vor dem 63. Lebensjahr in Rente gehen.

Eine aktuelle Umfrage veröffentlicht alarmierende Zahlen: Wie das Marktforschungsinstituts Civey im Auftrag des Demographie Netzwerks e.V. (ddn) ermittelt hat, möchte mehr als jede und jeder zweite Erwerbstätige noch vor dem 63. Lebensjahr in Rente gehen – wenn es denn möglich wäre. 53 Prozent der Befragte in der repräsentativen Studie gab an, dass sie davon ausgehen, nicht länger arbeiten zu wollen. Dreiviertel gaben sogar an, dass sie glauben, es gar nicht tun zu können, weil sie sich davor sorgen, nicht mehr fit genug zu sein. Und es gibt für viele noch ein weiteres Problem: Mindestens die Hälfte der Betroffenen rechnet fest damit, dass die spätere Rente nicht ausreichen wird.

Dabei wäre schon der Ruhestand mit 63 Jahren viel zu früh, denn das gesetzliche Renteneintrittsalter liegt bei 67 Jahren. Immerhin: Wenn es zur Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP kommt soll es nicht weiter erhöht werden. Auf diesen Minimalkompromiss hatten sich die drei potentiell künftigen Regierungsparteien in ihrem Sondierungspapier geeinigt. FDP und Grüne wollten eigentlich beide einen späteren Renteneintritt möglich machen. Eine Realität, die an der Arbeitsfähigkeit vieler Menschen in Deutschland, die älter als 60 Jahre alt sind, wohl deutlich vorbei geht. Das geht auch aus der Renten-Umfrage des Demographie-Netzwerks hervor: Wenn es sich die Erwerbstätigen aussuchen dürften, würde nur jede und jeder Achte bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter von 67 Jahren im Job bleiben. Interessant dabei: Vor allem Jüngere können sich nicht vorstellen, bis ins hohe Alter noch berufstätig zu sein. Fast 60 Prozent der 18- bis 29-Jährigen möchten mit 61 oder früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

Frauen sorgen sich um Altersarmut

Eine Gruppe aber möchte gerne länger arbeiten: Akademikerinnen und Akademiker und Menschen in Führungspositionen– denn mit höherer Qualifikation steigt der Wunsch, länger zu arbeiten. Viele können sich vorstellen, erst mit 69 Jahren oder noch später Rentnerin oder Rentner zu werden.

Auch fragte die Studie ab, was die größten Hindernisse für ein langes Erwerbsleben sind. Nicht verwunderlich: als Antworten wurden vor allem körperliche Belastung und Stress genannt. Viele Befragte wünschen sich aber auch einfach mehr Zeitsouveränität sowie mehr Geld. Und immerhin gab ein Viertel an, dass ihnen auch die nötige Wertschätzung durch Vorgesetzte fehle.

Deutsche machen sich Sorgen um Rentenhöhe

Besonders viele Sorgen machen sich die Deutschen auch über die Rentenhöhe. Dabei bereitet vielen Menschen Kopfzerbrechen, dass das Rentensystem nur bis zum Jahr 2030 stabilisiert ist – und schon heute die Altersbezüge vergleichsweise niedrig sind mit einem Rentenniveau, das oft nicht einmal mehr 50 Prozent des Einkommens entspricht. Die Angst vor Altersarmut ist der Studie zufolge besonders bei Frauen verbreitet: Fast 62 Prozent der Frauen gehen davon aus, dass ihnen das Geld im Alter nicht reicht, gegenüber 42 Prozent bei Männern. In Ostdeutschland (60 Prozent) sind die Befürchtungen häufiger als im Westen (50 Prozent).

Für den Demographie-Index befragte das Marktforschungsunternehmen Civey im Auftrag von ddn 2.500 Erwerbstätigte. Die Ergebnisse können daher als repräsentativ angesehen werden.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.