Das kostet uns das Krisenjahrzehnt

Leuchtreklame "money to loan"

Eine neue Studie des IW zeigt: Deutschland verzeichnete in den letzten fünf Jahren Verluste in Höhe von 735 Milliarden Euro. Die Zukunftsfähigkeit des Standorts steht auf dem Spiel, während die Wirtschaft weiterhin unter den Folgen von Corona, Ukraine-Konflikt und Inflation leidet.

Vor fünf Jahren erreichte die Corona-Pandemie Deutschland und führte zu einem Lockdown, der die Wirtschaft nahezu lahmlegte. Kaum war die Infektionswelle abgeklungen, traf der Ukraine-Krieg das Land mit voller Wucht. Deutschland übernahm eine Vorreiterrolle bei den Boykotten gegen Russland, was eine Energiekrise auslöste. Der Verzicht auf russische Rohstoffe trieb die Inflation in Europa in den zweistelligen Bereich. Als Donald Trump erneut Präsident wurde, die Unterstützung für die Ukraine einschränkte, Handelspartner mit Zolldrohungen brüskierte und die westliche Verteidigungsgemeinschaft infrage stellte, erreichten die Krisen einen vorläufigen Höhepunkt. Die Pandemie scheint zwar überwunden, doch die Angst vor neuen globalen Infektionen bleibt. Rückblickend wirken die Merkel-Jahre wie eine unbeschwerte Idylle. Trotz eines leichten Hoffnungsschimmers durch die neue Regierung und finanziellen Hilfen bleibt die Frage: Was haben uns die die letzten fünf Jahre gekostet – gemessen an der wirtschaftlichen Lage von 2019?


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Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat berechnet, wie teuer die vergangenen fünf Jahre waren. Die Forschenden entwickelten ein kontrafaktisches Modell: Sie verglichen die tatsächliche Entwicklung mit einem Szenario, in dem die Krisen ausgeblieben wären. Das Ergebnis zeigt das Ausmaß der Verluste.

Laut IW summieren sich die Einbußen beim preisbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 735 Milliarden Euro. Diese Zahl umfasst nicht nur die Pandemie-Jahre 2020 und 2021, die das BIP stark einbrechen ließen, sondern auch die geopolitischen Verwerfungen der Folgejahre. Neben dem Ukraine-Krieg zählen dazu Handelskriege und die Neupositionierung großer Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien. Diese Entwicklung begann bereits unter Trumps erster Amtszeit mit einem Handelskrieg gegen China und setzt sich seither fort. Unterbrochene Lieferketten und gestörte Warenströme sind sichtbare Zeichen des neuen Partikularismus und des Endes der Globalisierung.

Investitionsrückstand gefährdet die Zukunftsfähigkeit Deutschlands

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtFür die Corona-Jahre beziffert das IW den Schaden auf 290 Milliarden Euro. Nach einer kurzen Erholung stiegen die Verluste 2023 auf 145 Milliarden Euro und sollen 2024 sogar auf 200 Milliarden Euro erreichen. Hauptursachen sind der schwache private Konsum und die fehlenden Investitionen der Unternehmen. Der private Konsum sank um 5 Prozent, was pro Bürger einem Verlust von 5.600 Euro entspricht. Noch gravierender sind die Investitionslücken: Unternehmen investieren 265 Milliarden Euro weniger als in einem normalen Verlauf. Während der private Konsum bei einer Entspannung der Lage rasch anziehen könnte, wiegt der Investitionsrückstand schwerer. Er gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland.

Nicht nur die Krisen, auch das ohnehin schwache Investitionsklima der Vorjahre verschärfen die Lage. Öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Instandhaltung und Neubau bleiben aus. „Über Jahrzehnte hat Deutschland bei den Investitionen gespart und so den Standort vernachlässigt. Das ist der schwammige Boden, auf dem die Krisen uns so hart treffen“, resümiert der Studienautor.

Pessimistische Aussagen

Die Creditreform Wirtschaftsforschung befragt seit Jahrzehnten mittelständische Unternehmen zur Konjunktur. Ein Verglich der Ergebnisse von Herbst 2019 und Herbst 2024 zeigt das Ausmaß der Krise. Der Geschäftsklimaindex fiel von plus 17,1 Punkten auf minus 4,8 Punkte. Beim Umsatz sank der Saldenwert von plus 20,9 auf minus 6,5 Punkte. 2019 planten noch 51,4 Prozent der Betriebe Investitionen, 2024 sind es nur noch 40,4 Prozent. Ersatzinvestitionen dominieren, während Erweiterungsinvestitionen kaum stattfinden.

Die Zahlen des IW und die Einschätzungen des Mittelstands verdeutlichen die Schwere der Lage. Die Verluste erreichen fast das Niveau des geplanten Schuldenpakets. Ein Ende der Probleme ist nicht in Sicht, und ein Aufschwung des BIP bleibt für dieses Jahr unwahrscheinlich. Auch die Prognosen für die kommenden Jahre bleiben verhalten.

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