Der typische Gründer ist 35 und ein Mann

Mann sitzt mit Laptop auf dem Schop auf Mauervorsprung

Dass Frauen verhaltener beim Schritt in die Selbständigkeit sind, ist keine sonderlich neue Erkenntnis. Aber bislang hoffte man, dass beim Gründungsboom in der Start-Up-Szene mehr junge Frauen mitspielen würden.

Der Deutsche Start-Up-Monitor (DSM) zeigt nun: Tun sie leider nicht. Demnach ist der Durchschnittgründer ein Mann, 35 Jahre alt und Akademiker. Er macht sich allerdings selten allein selbständig, sondern gründet mit anderen: 77 Prozent der Unternehmen werden von Teams gegründet. Frauen sind generell stark unterrepräsentiert. Ihr Anteil liegt bei 11 Prozent unter den Gründern in Deutschland, was gegenüber dem Vorjahr sogar noch einen Rückgang bedeutet. Und warum halten sich die Frauen zurück? Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Start-ups, der die Studie in Auftrag gegeben hatte, wurde zunächst damit zitiert, er sei der Meinung, dass Frauen auf Grund ihrer Gene weniger risikofreudig seien.

Zum Glück meldete sich Nöll nur wenige Tage später, um das offenbar aus dem Zusammenhang gerissene Zitat richtig zu stellen. “Ich habe sinngemäß gesagt, dass der Durchschnittsgründer 35 Jahre alt ist und dass das ein Alter ist, in dem man sich entscheiden muss: Familie gründen auf der einen Seite und mit 120-Prozent-Einsatz Startup-Gründerin sein auf der anderen Seite sind kaum vereinbar”, schreibt er uns als Kommentar dazu. Hinzu käme noch ein “Sicherheitsbedürfnis, das bei uns Deutschen insgesamt sehr ausgeprägt ist.” Rund 50 Prozent der Deutschen würden kein Unternehmen gründen, weil sie Angst hätten, zu scheitern. “Wer eine Familie gründet übernimmt – das weiß ich aus eigener Erfahrung – zusätzlich Verantwortung womit auch dieses Sicherheitsbedürfnis zusätzlich steigt. Wer also die Gründungsneigung der Deutschen erhöhen möchte, muss zuerst das Risiko reduzieren”, sagt Nöll.

Frauen fehlt Zugang zu Kapital

Tatsächlich zeigen andere Untersuchungen wie etwa der Gender Global Entrepreneurship and Development Index (GEDI), dass außerdem Frauen oft der Zugang zu Kapital fehlt. Dass Kapitalgeber weniger an die Tragfähigkeit von Konzepten glauben, wenn diese von einer Frau vorgestellt werden. Und dass Frauen auch weniger oft dazu ermutigt werden, Unternehmerin zu werden. Zudem fällt die Zeit der Firmengründung mit dem Alter der Familiengründung zusammen.

Der Deutsche Start-Up-Monitor (DSM) ist eine jährlich stattfindende Onlinebefragung von Startups in Deutschland. 2013 als Pilotprojekt vom Bundesverband Deutsche Startups e. V. (BVDS) und der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin (Forschungsgruppe BerlinStartupInsights) entwickelt, wird die Studie seit diesem Jahr auch von der Unternehmensberatung KPMG gefördert. In diesem Jahr wurden 900 Gründer befragt.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.

Kommentare

  • Liebe Frau Groll,

    vielen Dank für Ihren Beitrag zum Deutschen Startup Monitor 2014. Sie sprechen hier ein Thema an, das uns sehr bewegt: den niedrigen Anteil Startup-Gründerinnen.

    Sie beziehen sich bei der Wiedergabe meiner Aussagen wahrscheinlich auf einen Artikel im Tagesspiegel. Wenn Sie dort in die Kommentare gucken, dann sehen Sie, dass ich dort bereits am Tag der Veröffentlichung ein Dementi hinterlassen hatte. Das, was mir die Autorin in diesem Artikel in den Mund legt (Gene, Steinzeit, etc.), habe ich nicht annähernd gesagt.

    Ich habe sinngemäß gesagt, dass der Durchschnittsgründer 35 Jahre alt ist und dass das ein Alter ist, in dem man sich entscheiden muss: Familie gründen auf der einen Seite und mit 120% Einsatz Startup-Gründerin sein auf der anderen Seite sind kaum vereinbar. Und dann kommt natürlich noch das Sicherheitsbedürfnis dazu, das bei uns Deutschen insgesamt sehr ausgeprägt ist. Rund 50% der Deutschen würden kein Unternehmen gründen, weil sie Angst haben zu scheitern. Wer eine Familie gründet übernimmt – das weiß ich aus eigener Erfahrung – zusätzlich Verantwortung womit auch dieses Sicherheitsbedürfnis zusätzlich steigt. Wer also die Gründungsneigung der Deutschen erhöhen möchte, muss zuerst das Risiko reduzieren.

    Zusammenfassend bin ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihren Beitrag entsprechend korrigieren. Ich beteilige mich gerne an einer Debatte zu diesem Thema.

    Herzliche Grüße
    Florian Nöll

    • Hallo Herr Nöll,

      danke für Ihren Kommentar. Tatsächlich beziehen wir uns auf den Beitrag aus dem Tagesspiegel. Danke für Ihre Richtigstellung, wir werden das im Beitrag entsprechend kennzeichnen. Und sind übrigens auch froh, dass Sie hier offenbar eine sehr differenzierte Meinung haben!

      mit den besten Grüßen,

      Tina Groll

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