Deutsche lieben Teamarbeit

Gruppe auf Gletscher

Deutsche Arbeitnehmer arbeiten am liebsten im Team – so eine aktuelle europäische Studie. Dennoch geraten viele oft ins Stolpern, was vor allem an dem Bummelmodus liegt.

Während im europäischen Durchschnitt lediglich 54 Prozent der Befragten die Zusammenarbeit mit Kollegen bevorzugen, liegt der Wert in Deutschland bei 62 Prozent. Gleichzeitig bewerten die Befragten einen Drittel ihrer Arbeitszeit als unproduktiv: Durchschnittlich 33,25 Prozent der Arbeitszeit gehen in deutschen Unternehmen durch E-Mails, Meetings oder Telefonate verloren.

Um mehr über Erfolgsfaktoren und die Herausforderungen von Teamarbeit zu erfahren, hat sich Dropbox für die Studie „Teamarbeit“ Unterstützung von der School of Life aus London dazu geholt. Neben einer quantitativen Befragung von über 2.000 Wissensarbeitern in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden ist die Analyse durch die Philosophen um Brennan Jacoby ein wichtiger Baustein der Studie. „Steve Jobs, Bill Gates, Elon Musk, Richard Branson – in der Gesellschaft werden vor allem einzelne Unternehmer als Siegertypen heroisiert. In Wahrheit stand ein ganzes Team dahinter und sie waren nur der Frontman. Ohne Teamarbeit wären wir bis heute nicht über die Steinzeit hinweggekommen“, so Jennifer Brook, Leiterin der Research-Abteilung bei Dropbox.

Warum gibt es so viele Probleme, wenn Kollegen gemeinsam Projekte stemmen?

Obwohl die technischen Rahmenbedingungen kein Problem mehr darstellen, geraten Individuen, Teams und ganze Unternehmen oft ins Stolpern. Laut der Studie liegt das vor allem daran, dass jeder seine ganz eigenen “Charakterprobleme” mit ins Büro bringt und die gilt es für Unternehmen zu lösen: Klarheit schaffen, um dem Nichtstun vorzubeugen.

In der Zusammenarbeit mit Kollegen fällt man schneller in einen Bummelmodus: Man bereitet sich nur ungenügend auf Meetings vor, hört den Kollegen nur halbherzig zu und diskutiert über neue Ideen, während man gleichzeitig über seinen nächsten Termin nachdenkt. Einer der Gründe sind unklare Ziele und Rollenverständnisse innerhalb des Teams und die damit verbundene Unsicherheit. Deshalb überrascht es nicht, dass 67 Prozent der Befragten in Deutschland ein gemeinsames Ziel als wichtigste Grundlage für eine erfolgreiche Teamarbeit sehen. Statt einer starken Führungspersönlichkeit (lediglich 27 Prozent der Wissensarbeiter sahen darin einen Erfolgsfaktor für Teamarbeit) zu vertrauen, müssen Unternehmen und Führungskräfte klare und verständliche Ziele definieren.

Streiten statt Beschwichtigen

Teammitglieder assoziieren Zusammenarbeit grundsätzlich mit Harmonie. Aus diesem Grund verhalten sie sich oft passiv und behalten eigene Ideen und gegensätzliche Meinungen für sich. Doch Auseinandersetzungen sind extrem produktive Kräfte. Daher müssen Uneinigkeit und Spannungen fundamentaler Bestandteil jeder Zusammenarbeit sein. Mitarbeiter müssen lernen, offen und professionell zu diskutieren, um Projekte bestmöglich voranzutreiben. Dabei sind die deutschen Mitarbeiter deutlich konfliktfreudiger als zum Beispiel die Briten. Während sich in Deutschland nur 26 Prozent vor fachlichen Auseinandersetzungen mit Kollegen lieber aus dem Weg gehen, liegt der Anteil in Großbritannien bei 40 Prozent.

“Das Theater der Teamarbeit”, wie Soziologieprofessor Richard Sennett in der Studie zitiert wird, kann eine sehr einschüchternde Bühne sein. Selbstzweifel und Unsicherheit sind die Einheitswährung der modernen Zusammenarbeit und blockieren häufig gute Ideen. Fast die Hälfte der Deutschen gaben zu, dass sie sich mindestens einmal im Monat am Arbeitsplatz verunsichert fühlen, bei 29 Prozent ist das sogar wöchentlich der Fall. Mitarbeiter sollten mehr Mut haben, auch mal gegen den Strom zu schwimmen.

Würdigung statt unangebrachtem Selbstbewusstsein

Sieben von zehn Mitarbeitern in Deutschland halten ihre Kollegen für fähig. Doch statt das zu würdigen, gehen Mitglieder in Teams in einen ständigen Konkurrenzkampf, um zu beweisen, dass sie kompetenter sind. Dabei stehen gerade in Deutschland die Eigenschaften Hilfsbereitschaft (68 Prozent) und Fairness (67 Prozent) für Teammitglieder besonders hoch im Kurs. In Frankreich empfanden dagegen lediglich 35 Prozent der befragten Wissensarbeiter Hilfsbereitschaft und 30 Prozent Fairness als wichtige Eigenschaften für Teams. Um die Arbeit der Kollegen besser schätzen zu können, empfehlen die Experten der School of Life mehr persönlichen Kontakt innerhalb von Teams, den Vorsitz für Meetings zu rotieren und als Unternehmen kontinuierlich in das Training der Mitarbeiter zu investieren.

“Die Studie belegt, dass die Beziehungen innerhalb von Teams entscheidend für den Erfolg von Teams sind. Nur gemeinsam lassen sich kreative Problemlösung finden und Ziele schneller erreichen. Unternehmen müssen den kollaborativen Erfolg ihrer Teams unterstützen, indem sie nicht nur neue Technologien, sondern auch eine Kultur einführen, die auch die zwischenmenschlichen Beziehungen berücksichtigt”, so Jennifer Brook von Dropbox.

Die Ratgeber-Redaktion

Unter der Autor:innen-Bezeichnung REDAKTION veröffentlichten DIE RATGEBER von 2010 bis 2020 Gastbeiträge sowie Agenturmeldungen. Im August 2020 gingen die Inhalte von DIE RATGEBER auf die Webseite WIR SIND DER WANDEL über.