Deutschland bei Frauenquote in EU weit abgeschlagen

Verschwommene Person auf Rolltreppe

Trotz Frauenquote bleibt Deutschland im europäischen Vergleich von den zehn Staaten mit einer gesetzlichen Minderheitenquote für Unternehmen aktuell die schwächsten Vorgaben. Zu diesem Ergebnis kam das gewerkschaftsnahe Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung.

Der Untersuchung zufolge sind vor allem die vergleichsweise milden Sanktionen bei Missachtung, und die Quote selbst sei mit 30 Prozent – die im Vergleich mit anderen Ländern niedriger ist – die Ursachen für die geringe Wirksamkeit der Vorgaben.

Freilich gibt es in Europa noch zehn weitere Länder, die gar keine Quotenregelung haben Allerdings gibt es in Europa weiterhin zehn Staaten ohne gesetzliche geregelte Frauenquote. Dazu zählen  Bulgarien, Tschechien und die Slowakei. Empfehlungen für Frauenquoten sprechen elf Länder in sogenannten Kodizes zur Unternehmensführung aus. Dazu zählen Dänemark, Großbritannien oder Schweden.

Sanktionen sind zu mild

Berechnungen zufolge könnte Deutschland allerdings viel weiter vorne stehen – und darum geht es. Dazu müsste aber die Geschlechterquote uneingeschränkt auf alle börsennotierten und staatlich kontrollierten Unternehmen ausgeweitet werden. Bisher gilt sie nur für die Kontrollgremien und eben nicht für die C-Level-Ebene und damit den Vorstand. Außerdem müssten Strafen bei Nichteinhaltung angesetzt werden.

Europaweit führend ist weiterhin Norwegen. Es war das erste Land, das 2003 eine Quotenregelung eingeführt hat. Damals schon mutiger als Deutschland heute, denn von Beginn an, waren 40 Prozent vorgeschrieben. Zudem sind in Norwegen die Sanktionen bei Nichterfüllung recht streng. Wenn Firmen das Gesetz nicht erfüllen, könnten sie im Ernstfall sogar aufgelöst werden.

EU-Richtlinie für Frauenquote könnte helfen

Um das Anliegen, Frauen in den Topentscheidungspositionen in der Wirtschaft endlich vertreten zu sehen, weiter voranzubringen, wäre eine EU-Richtlinie sinnvoll. Diese fehlt bislang.

Seit 2016 gilt in Deutschland eine Frauenquote für die Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen von 30 Prozent. Sie gilt auch in pariärisch mitbestimmten Firmen, also Unternehmen, in denen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite gleich viele Sitze im Aufsichtsrat haben. Verpflichtet sind dazu nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung etwa 3.500 Unternehmen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.