Die Babyboomerlücke: Wie der Arbeitsmarkt stabil bleiben könnte

Großraumbüro mit Beschäftigten

Bis 2035 könnte Deutschland bis zu 4,7 Millionen Erwerbstätige verlieren. Eine BiB-Studie zeigt: Nur mit mehr Zuwanderung, höherer Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren sowie besserer Bildung lässt sich der drohende Arbeitskräftemangel abfedern.

Die demografische Entwicklung stellt den deutschen Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen. Der bereits spürbare Mangel an Arbeitskräften dürfte sich durch die Altersstruktur der Bevölkerung weiter verschärfen. Mit dem Ruhestand der Babyboomer wird die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2035 deutlich sinken.

Je nach Entwicklung der Zuwanderung könnte der Rückgang zwischen 1,5 und 4,7 Millionen Menschen betragen. Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt, wie sich das Arbeitskräfteangebot entwickeln könnte, welche Hebel entscheidend sind und welche Rolle Frauen und ältere Erwerbstätige spielen.

Die größten Veränderungen betreffen Ältere

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtUm die künftige Entwicklung des Arbeitsvolumen abzuschätzen, analysierten die Studienautor:innen zunächst die vergangenen Jahre. Zwischen 2009 und 2022 stieg das Arbeitsvolumen von 1,39 auf 1,47 Milliarden Stunden pro Woche, obwohl die Zahl der Erwerbsfähigen stabil blieb. „Die Zunahme des Erwerbsvolumens in dieser Zeit ist somit auf eine höhere Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung zurückzuführen“, erklärt Mitautor Harun Sulak vom BiB. Besonders stark wuchs die Erwerbstätigkeit bei Älteren: Ab 50 Jahren arbeiteten Männer und Frauen deutlich mehr, bei den 60- bis 64-Jährigen stieg die Wochenarbeitszeit im Schnitt um acht Stunden.

Die Studie berechnete verschiedene Szenarien für das Arbeitsvolumen bis 2035. Dabei berücksichtigten die Forschenden Faktoren wie Zuwanderung, Bildungsniveau sowie die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren. Die Ergebnisse zeigen: Es gibt noch erhebliches Potenzial, den Arbeitskräftemangel abzufedern. So könnte das Arbeitskräfteangebot bis 2035 stabil bleiben, wenn die Nettozuwanderung bei etwa 330.000 Personen pro Jahr liegt und Frauen sowie Ältere stärker am Arbeitsmarkt teilnehmen.

Bildung als Schlüssel

„In dem Szenario gehen wir von einem Anstieg der Erwerbsbeteiligung westdeutscher Frauen auf das ostdeutsche Niveau aus“, erläutert Sulak. „Bei den älteren Erwerbstätigen schreiben wir die in den letzten anderthalb Jahrzehnten verzeichneten Anstiege in die Zukunft fort.“ Für Zugewanderte wird ein Bildungsniveau angenommen, das dem der in Deutschland lebenden Bevölkerung entspricht, sowie eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt. „All diese Aspekte sind natürlich keine Selbstläufer, aber durchaus mögliche Szenarien“, betont Sulak. Unter diesen Bedingungen könnte das Arbeitsvolumen 2035 bei 1,48 Milliarden Stunden pro Woche liegen – ein leichter Anstieg gegenüber 2022.


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Die Studie zeigt auch, wie stark sich die Erwerbstätigkeit nach Bildungsniveau unterscheidet. 2022 arbeiteten hochgebildete Männer zwischen 20 und 66 Jahren im Schnitt 2,5 Stunden pro Woche mehr als Männer mit mittlerer Bildung und über sieben Stunden mehr als Männern mit niedriger Bildung. Bei Frauen waren die Unterschiede mit drei beziehungsweise elf Stunden noch deutlicher. „Diese Unterschiede verdeutlichen, dass auch durch Investitionen in Bildung ungenutzte Erwerbspotenziale erschlossen werden können“, erklärt Mitautor und BiB-Forscher Dr. Sebastian Klüsener. „Dabei geht es nicht nur um Bildung im jüngeren Alter, sondern auch um lebenslanges Lernen in allen Altersschichten.“

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