Die Corona-Krise zeigt Unternehmen auf der ganzen Welt, dass die Präsenzkultur ausgedient hat. Viele Firmen reagieren darauf und reduzieren ihre Büroflächen.
Seit Monaten arbeiten unzählige Menschen größtenteils aus dem Homeoffice. Remote Work, vor der Corona-Pandemie noch weitgehend unbekannt in Unternehmen, hat sich mittlerweile etabliert. Die Corona-Pandemie hat schon jetzt die Digitalisierung enorm beschleunigt. Ist es da wirtschaftlich noch sinnvoll, weiterhin viel Geld in Gewerbeimmobilien zu stecken, oftmals hohe Mieten zu zahlen, um Büroflächen vorzuhalten, in denen kaum noch jemand arbeitet? Nein, lautet die einhellige Antwort.
Laut einer Umfrage des Wirtschaftspüfungsunternehmens KPMG unter rund 1.300 Unternehmen weltweit ist der Trend klar: Mehr als drei Viertel der Befragten wollen mehr mobiler, digitaler und ortsunabhängiger ermöglichen als vor der Krise. Befragt wurden die Chefs und Chefinnen zu Beginn der Pandemie und 315 von ihnen noch einmal im Juli und August. Die Managerinnen kamen aus Australien, Kanada, USA, China oder Europa. Und alle waren sich einig: Ein Zurück in die Arbeitswelt vor der Krise soll es nicht geben.
Für viele Firmen heißt das aber auch, das nachzuholen, was bei der Digitalisierung bisher versäumt wurde – besonders hierzulande in Deutschland. Denn regelmäßige Videokonferenzen, die Nutzung von Kollaborationstools und vor allem Teams dezentral und mobil arbeitend zu führen, das steckte in Deutschland in den Kinderschuhen. Seit Beginn des zweiten Quartals des Jahres haben die Unternehmen kräftig investiert und neue Arbeitsweisen und -techniken ausprobiert.
Viele Firmen kündigen schon jetzt Mietverträge
Laut einer Analyse des Münchner Ifo-Instituts, hat sich die deutsche Wirtschaft binnen kürzester Zeit umfassend digitalisiert. Die Mehrheit der deutschen Unternehmen (55 Prozent) haben in der Pandemie digitale Tools eingeführt, 31 Prozent der Firmen führten Kollaborationssoftware ein, weitere 36 Prozent intensivierten die Nutzung bereits vorhandener digitaler Instrumente.
Zugleich treten Unternehmen auf die Kostenbremse. Das geht vor allem bei den Immobilien. 69 Prozent der befragten Managerinnen und Manager gaben in der KPMG-Umfrage an, dass ihre Firma künftig weniger Büroflächen benötigen wird, viele hatten sogar schon begonnen, konkrete Planungen umzusetzen. Dazu gehört etwa, auslaufende Mietverträge zu kündige oder Teile der bisherigen Büros aufzugeben. Andere gehen einen radikalen Weg, wie etwa das Telekommunikationsunternehmen Telefonica, das gerade die Büropflicht abgeschafft hat.
Spürbar sind die ersten Auswirkungen nun auf dem Markt der Gewerbeimmobilien. Wie die Immobilienberatung JLL berichtet, ist das Umsatzvolumen im zweiten Quartal des Jahres auf dem weltweiten Büromarkt um 59 Prozent zurückgegangen. Dabei war schon in den ersten drei Monaten das Volumen um 23 Prozent gesunken. Weltweit stieg der Leerstand von Büroflächen an. JLL untersucht vierteljährlich die Entwicklung auf den Büromärkten.
Veröden jetzt die Großstädte?
Die Immobilienexpertinnen bei JLL rechnen damit, dass der Leerstand bei den Gewerbeimmobilien und Büros weltweit in der zweiten Jahreshälfte steigen wird. Zugleich sinken auch die Mietpreise. Manche Expertinnen und Experten gehen sogar davon aus, dass sich langfristig etwas auf dem Immobilienmarkt verschieben wird. Regelmäßig führt etwa die Wirtschaftsprüfung PWC Umfragen zum Immobilienmarkt weltweit durch. Demnach erwartet mittlerweile mehr als die Hälfte der befragten Expertinnen und Experten einen langfristig negativen Einfluss der Pandemie auf die Immobilienbranche, drei Viertel gehen von Umsatzeinbußen für Immobilienunternehmen im kommenden Jahr aus.
Ein Szenario etwa ist, dass die Städte für viele Menschen nicht mehr attraktiv sind. Veröden nun die Städte? Wer will dann dort noch wohnen? Und ziehen künftig viel mehr Menschen aufs Land, zumindest aber ins Umland der Städte, wenn sie dauerhaft von überall arbeiten können? Am Ende einer solchen Entwicklung könnte glatt eine neuerliche Bankenkrise oder sogar das Sterben der Städte stehen.