Eine Umfrage zeigt: Sechs von zehn berufstätigen Eltern erlebten im Herbst Ausfälle bei der Kinderbetreuung. Besonders betroffen waren sie von verkürzten oder ganz gestrichenen Betreuungszeiten.
Das ergabe eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zur Stabilität der Betreuung. Rund 60 Prozent der über 1.000 Befragten berichteten von kurzfristigen Schließungen von Schulen oder Kitas. Für knapp 29 Prozent der Eltern war die Lage besonders schwierig: Sie mussten in drei Monaten zwei oder mehr Betreuungstage selbst überbrücken. Fast vier Prozent gaben an, dass sie über zehn Tage ohne Betreuung auskommen mussten. Hauptursachen für die Schließungen waren Personalmangel und Krankheitsfälle, die 44 Prozent der Eltern betrafen.
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Die Umfrage zeigt, dass vor allem Mütter unter den Betreuungsausfällen leiden. Viele Frauen mussten ihre Arbeitszeit reduzieren, Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen, um die Kinderbetreuung zu sichern. In heterosexuellen Partnerschaften sagten 64 Prozent der Männer, ihre Partnerinnen hätten die Betreuung übernommen. Umgekehrt berichteten nur 48 Prozent der Frauen, dass ihre Partner eingesprungen seien. Insgesamt kürzten 40 Prozent der Mütter und 33 Prozent der Väter vorübergehend ihre Arbeitszeit.
Unzureichende Betreuung belastet gesellschaftliche Ungleichheiten
Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, warnt, dass unzuverlässige Kinderbetreuung die Benachteiligung von Frauen im Arbeitsleben verschärfen könnte. Sie weist darauf hin, dass Beschäftigte mit reduzierter Arbeitszeit oft schlechtere Chancen auf Weiterbildungen haben, was langfristig ihre Karrieren behindert.
Kohlrausch fordert, der Staat müsse nicht nur Betreuungsangebote ausbauen, sondern auch die Qualität und Verlässlichkeit der bestehenden Einrichtungen sichern. “Ganz offensichtlich ist schon die personelle Ausstattung der bereits existierenden Angebote nicht ausreichend”, erklärt sie.
Die Hans-Böckler-Stiftung befragte im Dezember des vergangenen Jahres 1.023 Mütter und Väter in heterosexuellen Partnerschaften zu ihrer Betreuungssituation. Die Ergebnisse zeigen: Unzureichende Betreuung belastet nicht nur den Familienalltag, sondern verstärkt auch gesellschaftliche Ungleichheiten.