Unternehmen profitieren von Vielfalt – und von mehr Frauen in Führungsetagen. Allerdings kommen die meisten kaum über das mittlere Management hinaus. Im Zuge der Quotendiskussion werden zwar derzeit einige Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände befördert. Viele wie bleiben aber nicht lange in diesen Spitzenpositionen. Warum?
Vorbei an den Männern der mittleren Managerebene hinweg befördert, haben sie genau diese Führungskräfte gegen sich. Aber eine Chefin braucht den Rückhalt der mittleren Leitungsebene, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Ansonsten ist ein Scheitern vorprogrammiert. Und angenehm ist es auch nicht, wenn man sich stets im Karrierenahkampf mit der mittlerern Leitungsebene befindet. Die Beispiele prominenter Spitzenmanagerinnen, die in den letzten Monaten ihre Posten wieder geräumt haben, zeigt schon heute: Eine Quote bringt vor allem eins – Widerstand. Darum werden die Rufe auch von Topführungsfrauen nach einer flexibleren Quote lauter. Sie ist leichter zu vermitteln. Doch wäre so eine flexible Quote nicht nur Kosmetik?
“Eine pauschale Quote ist volkswirtschaftlicher Unsinn”
Nicht wenn sie verbindliche und branchenabhänige Steigerungsquoten vorsieht. Diesen Vorschlag bringt Elke Vorholt, Geschäftsführende Gesellschafterin bei der internationalen Personalberatung LAB & Company in die Debatte ein. Der Headhunterin zufolge würden Frauen vor allem im mittleren Management gebraucht. Da, wo der Karrierekampf um den Aufstieg auf Top-Ebene stattfindet. Hier fehlen sie aber bereits, besonders in technischen Berufen. Und es wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Denn der Absolventinnenanteil in den Ingenieurswissenschaften liegt bei 22 Prozent, nicht mal einem Viertel also. Aber ein großer Anteil von Managern kommt gerade aus den Ingenieurswissenschaften und in der Technikbranche sowieso. Wie kann hier also ein Frauenanteil von 30 oder 40 Prozent auf Leitungsebene erreicht werden? “Eine pauschale Quote ist volkswirtschaftlicher Unsinn”, sagt Vorholt. “Sinnvoller wäre es, eine Quote flexibel und Jahr für Jahr an die tatsächlichen Gegebenheiten der jeweiligen Branche anzuoassen oder eine branchenabhängige Zielquote über einen Zeitraum zu vereinbaren.” Etwa zehn Prozent mehr Frauen im mittleren Management im Maschinen- und Anlagebau. Ebenso wichtig wäre es, Frauen schon früh für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern.
Von der “Politik des Herrschaftswissens” verabschieden
Letztlich sind aber auch die Unternehmen gefordert. Die McKinsey-Studie Women Matter aus dem Jahr 2013 zeigt noch einmal deutlich, dass die maximale Präsenz für den Job viele Frauen davon abhält, Führungspositionen anzustreben. Mütter wollen Zeit mit ihren Kindern verbringen und machen deshalb Kompromisse. Sie reduzieren ihre Arbeitszeit und verbringen weniger Zeit mit Networking. Doch mit Kompromissen erreicht man selten eine C-Level-Position. Und Fakt ist auch: Wer nicht anwesend ist, verliert Zugang zu karrierewichtigen Informationen. Vorholt zitiert hier eine Studie der Harvard-Dozentin Claudia Goldin, die die Gehaltsentwicklung von Akademikerinnen untersucht hatte, die während ihrer Karriere anderthalb Jahre Auszeit für die Kinder genommen hatten. Verglichen mit ihren männlichen Kollegen, die keine Auszeit genommen hatten, mussten die Mütter ein ordentliches Gefälle hinnehmen. Es zeigte sich auch, dass sie vor allem wegen ihrer Abwesenheit den Anschluss verpasst hatten. Teilzeitkräfte, so Vorholt, haben allzuoft Informationsnachteile. Darum müssten sich Unternehmen von der “Politik des Herrschaftswissens” verabschieden. “Es müssten neue IT-Systeme und Prozesse entwickelt werden, um reibungslose interne Übergaaben zu vermöglichen. Die Kommunikationstechnologien stehen vielfach bereits zur Verfügung. Was fehlt, ist der Wille, diese zu nutzen und weiterzuentwickeln.”