Die Corona-Pandemie treibt auch die Fälle von Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle in die Höhe. Mehr als 200.000 Infektionen wurden seit Beginn der Pandemie bis Ende Oktober 2021 bei der gesetzlichen Unfallversicherung angezeigt.
Anerkannt wurden mehr als 110.000 Fälle als Berufskrankheit und über 10.000 als Arbeitsunfall. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Susanne Ferschl hervor. Insgesamt wurden drei viertel aller gemeldeten Covid-Fälle bei den Berufskrankheiten anerkannt, bei den Arbeitsunfällen waren es immerhin knapp ein drittel.
Die gesetzliche Unfallversicherung geht zudem davon aus, dass viele der gemeldeten Infektionen auch Fälle von Long-Covid sind; gesondert erhoben werden diese Daten von den Unfallversicherungen und Berufsgenossenschaften allerdings nicht. Dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit bei vielen anerkannten Meldungen tatsächlich um Long-Covid-Erkrankungen handelt, liegt an dem aufwendigen Verfahren, das für eine Anerkennung als Berufskrankheit nötig ist. Es kommt nämlich auf die Kausalität einer Erkrankung sowie länger auftretenden Leiden an.
Meldungen kommen vor allem aus dem Gesundheitssektor
Häufig ist es sehr schwer, eine Krankheit als Berufskrankheit anerkennen zu lassen – infrage kommen nur 80 Krankheitsbilder, die in der Berufskrankheitenverordnung gelistet sind. Dazu zählen auch Infektionskrankheiten, wozu Covid-19 gehört. Bisher gibt es vor allem für Beschäftigte des Gesundheitswesens, der Wohlfahrtspflege und von Laboratorien eine reelle Chance, eine Corona-Infektion als Berufskrankheit anerkannt zu bekommen – was an der komplizierte Rechtslage und Beweisführung liegt. Denn die erkrankten Mitarbeitenden müssen belegen können, dass ihre Krankheit auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist und die Ursache nicht etwa im Privatleben liegt.
So wurden vor allem bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sowie dem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (UVTöH) mehr als 165.000 Infektionsfälle als Berufskrankheiten gemeldet – und über 100.000 auch anerkannt. Für die meisten anderen Branchen hingegen liegen die Zahlen deutlich darunter, teilweise nur im ein- und zweistelligen Bereich. Angesichts von insgesamt mehr als 6,7 Millionen registrierten Infektionsfällen in Deutschland sind auch die rund 200.000 Meldeversuche recht gering.
Viele Betroffene streben aufgrund der schlechten Chancen gar nicht erst ein Verfahren an
Die Daten zeigen aber auch, dass die Meldungen mit Beginn der Impfaktion zurückgegangen sind. Viele Beschäftigte im Gesundheitssektor sind geimpft und erkranken daher seltener – dementsprechend geht auch die Zahl der gemeldeten Fälle zurück.
Verglichen mit anderen Berufskrankheiten ist die Zahl der gemeldeten und anerkannten Fälle jedoch vergleichsweise hoch. In den Jahren vor der Pandemie gab es jährlich im Schnitt 80.000 Anzeigen – über alle Krankheitsbilder hinweg, von Krebs bis Allergie. Und die Anerkennungsquote war sehr niedrig. Durchschnittlich wurde nur ein Viertel der Fälle anerkannt. Arbeitsmediziner gehen davon aus, dass viele Betroffene wegen der schlechten Chancen ein Verfahren gar nicht erst anstreben.