Wie können Unternehmen die besten Talente gewinnen und binden? Lars Truhn, CMO bei Teroxx, gibt Einblicke in innovative Lösungsansätze und die Rolle von Technologie und Weiterbildung.
Der Fachkräftemangel zählt zu den größten Herausforderungen unserer Zeit, besonders im Fintech-Sektor. In einem Umfeld mit schnellem technologischen Fortschritt, wachsender Regulierung und steigenden Kundenerwartungen wird der Zugang zu qualifizierten Fachkräfte zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die Digitalisierung schafft neue Chancen, verschärft aber auch den Kampf um die besten Talente: Expert:innen mit fundiertem Wissen in Finanzmärkten und Technologie sind gefragter denn je – und selten.
Wie Unternehmen Talente gewinnen, entwickeln und langfristig halten, welche Rolle neue Ausbildungs- und Weiterbildungswege spielen und welche Chancen innovative Technologien wie KI bieten, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen, erklärt Lars Truhn, CMO bei Teroxx, im Interview.
Wir sind der Wandel: Was sind die Hauptursachen für den Fachkräftemangel in Ihrer Branche?
Lars Truhn: Der Fachkräftemangel entsteht durch die hohe Spezialisierung der Branche. Im Marketing braucht man heute nicht nur allgemeine Marketers, Creatives und Strategen, sondern Spezialisten in Bereichen wie MarTech, Data Analytics, KI und Performance Marketing. Die Umsetzung datengetriebener Kampagnen erfordert Fachkräfte, die analytische und technologische Fähigkeiten vereinen. Zudem fehlen erfahrene Führungskräfte, die Innovationen marktorientiert umsetzen können.
„Ohne die richtigen Spezialist:innen bleiben Innovationen unausgeschöpft und Wachstumspotenziale ungenutzt“
Wir sind der Wandel: Was ist dabei herausfordernder, die demografischen Veränderungen oder die technischen Innovationen und der digitale Wandel?
Truhn: Demografische Verschiebungen verringern den Talentpool, aber technologische Innovationen stellen eine größere Herausforderung dar. Neue Technologien wie KI im Marketing erfordern eine ständige Weiterbildung. Ein Beispiel: Die Personalisierung von Kundenerlebnissen in Echtzeit durch KI. Ohne die richtigen Spezialist:innen – etwa Datenanalyst:innen und Tech-Marketing-Expert:innen – bleiben solche Innovationen unausgeschöpft und Wachstumspotenziale ungenutzt.
Wir sind der Wandel: Wirkt sich der Fachkräftemangel bereits auf Ihre Wettbewerbsfähigkeit aus? Gibt es messbare Auswirkungen, beispielsweise auf Wachstum oder Produktivität?
Truhn: Der Fachkräftemangel beeinträchtigt direkt unsere Wettbewerbsfähigkeit und unser Wachstum. Im Fintech ist die Einführung von Produkten oft zeitkritisch – ein Mangel an Spezialist:innen verlangsamt die Markteinführung innovativer Lösungen.
Wir sind der Wandel: Was unternehmen Sie, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
Truhn: Als junges Unternehmen positionieren wir uns als fortschrittlicher und attraktiver Arbeitgeber, der dynamische Entwicklungschancen bietet und kontinuierlich in das Wachstum seiner Mitarbeitenden investiert. Unsere Strategie umfasst den Aufbau einer modernen Unternehmenskultur, die Innovation und Eigeninitiative fördert.
„Technologien wie Automatisierung und KI können den Fachkräftemangel abfedern“
Wir sind der Wandel: Können internationale Talente Ihren Engpass lösen?
Truhn: Im Fintech-Bereich sind internationale Talente oft entscheidend, um unsere Innovationskraft zu sichern. In früheren Rollen, besonders im Alternativen Investment Management, habe ich erlebt, wie wichtig eine globale Perspektive für die Expansion ist. Bei Teroxx setzen wir gezielt auf internationale Talente, etwa aus Märkten mit ausgeprägter Erfahrung in Blockchain und KI. Diese Fachkräfte helfen uns, modernste Technologien und Innovationen schneller zu integrieren und so unser Wachstum zu fördern.
Wir sind der Wandel: Welche Herausforderungen bestehen bei der Integration ausländischer Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt? Was sind die größten Hürden, um Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben?
- Fachkräftemangel durch Auswanderung
- In drei Jahren fehlen 728.000 Fachkräfte in Deutschland
- Gerechte Personalpolitik Antwort auf Fachkräftemangel
- Fachkräftemangel trotz Rückgang angespannt
Truhn: Die größten Herausforderungen bei der Anwerbung sind der internationale Wettbewerb, komplexe Einwanderungsgesetze und das aktuelle Bild Deutschlands als Arbeitsstandort. Hinzu kommen oft Sprachbarrieren, Wohnungsmangel in größeren Städten und umfangreiche bürokratischen Anforderungen, etwa bei Visa und Arbeitserlaubnissen.
Wir sind der Wandel: Inwiefern kann der Einsatz von Technologien wie Automatisierung und KI den Fachkräftemangel ausgleichen?
Truhn: Technologien wie Automatisierung und KI können den Fachkräftemangel abfedern, besonders in der datengetriebenen Analyse und Kundenkommunikation. Mit der Implementierung von KI-Plattformen konnten wir datenbasierte Kampagnen skalieren, ohne viele neue Fachkräfte einstellen zu müssen. Diese Technologiekenntnisse helfen uns, Kapazitäten im Team zu sparen und unsere Innovations- und Wachstumsziele auch bei Personalmangel zu erreichen.
„Der Fachkräftemangel wird sich weiter verschärfen, da neue Technologien auch neue Qualifikationen verlangen“
Wir sind der Wandel: Besteht die Gefahr, dass durch verstärkte Automatisierung neue Qualifikationsdefizite entstehen?
Truhn: Verstärkte Automatisierung kann neue Qualifikationsdefizite schaffen. In der Medien- und Real-Estate-Industrie war die Einführung neuer Technologien oft mit Nachschulungen verbunden. Ähnlich müssen auch unsere Fintech-Marketingteams regelmäßig geschult werden, um Daten, Insights und regulatorischen Bestimmungen korrekt zu interpretieren und in strategische Entscheidungen umzusetzen.
Wir sind der Wandel: Wie wird sich der Fachkräftemangel in den kommenden Jahren entwickeln? Gibt es Anzeichen für eine Entspannung oder Verschärfung der Lage?
Truhn: Der Fachkräftemangel wird sich voraussichtlich weiter verschärfen, da neue Technologien wie Machine Learning und KI auch neue Qualifikationen verlangen, die in der klassischen Ausbildung oft nicht abgedeckt werden. Im Marketing werden künftig verstärkt Fachkräfte benötigt, die neben datengestützten Analysefähigkeiten auch technologisches und kreatives Know-how mitbringen, um komplexe Kampagnen effektiv zu steuern und innovative Ansätze umzusetzen.
Wir sind der Wandel: Welche Berufe und Qualifikationen werden in Zukunft in Ihrer Branche besonders gefragt sein?
Truhn: Im Fintech-Bereich wird die Nachfrage nach Growth Marketing, Data Science und spezialisierten MarTech-Expert:innen steigen. Ein:e Marketing Data Spezialist:in ist heute schon unverzichtbar, um datenbasierte Kampagnen zu analysieren und Optimierungen vorzunehmen. Zudem werden Expert:innen für Customer Experience Bereich gefragt sein, die maßgeschneiderte Kundenerlebnisse schaffen, die uns helfen, die Markenbindung zu stärken und so Wachstum und Innovation voranzutreiben.
„Eine enge Zusammenarbeit mit Hochschulen und Tech-Bildungsplattformen ist langfristig der Schlüssel, um sicherzustellen, dass neue Talente mit den richtigen Qualifikationen zu uns kommen“
Wir sind der Wandel: Welche Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht am effektivsten, um den Fachkräftemangel langfristig zu lösen?
Truhn: Eine enge Zusammenarbeit mit Hochschulen und Tech-Bildungsplattformen ist langfristig der Schlüssel, um sicherzustellen, dass neue Talente mit den richtigen Qualifikationen zu uns kommen. In der Medienbranche habe ich bereits erfolgreich ähnliche Kooperationen umgesetzt. Ich sehe großes Potenzial, diesen Ansatz auch im Fintech- und Digital-Asset-Bereich einzusetzen, um qualifizierte Fachkräfte frühzeitig zu sichern. Parallel dazu brauchen wir interne Akademien, die unsere Mitarbeitenden kontinuierlich in MarTech, Growth Marketing und Data Analytics weiterbilden und einbinden – so stärken wir nachhaltig die Innovationskraft des Unternehmens.
Dieses Interview ist im Zuge unserer Medienkooperation mit dem Face-Club entstanden. Auf journalistische Inhalte der WIR SIND DER WANDEL-Redaktion haben Geschäftspartner von WIR SIND DER WANDEL keinerlei Einfluss.