Firma führt Fünf-Stunden-Tag bei doppelten Lohn ein

Mensch liegt in Hängematte

Sie arbeiten nur noch fünf Stunden am Tag, verdienen aber das Doppelte: Das Beispiel des Unternehmens Tower Paddle Boards zeigt, dass Arbeitszeitverkürzung und Leistungsverdopplung möglich ist.

Ein Arbeitstag muss mindestens acht Stunden lang sein, damit er auch produktiv ist und eine Arbeitswoche mindestens 40 Stunden umfassen? Und weniger arbeiten wäre zwar möglich, aber ginge zu Lasten der Produktivität? Alles das sind Glaubenssätze, die wohl die meisten von uns verinnerlicht haben. Nur wenige Beschäftigte, aber leider auch weniger Unternehmerinnen und Arbeitgeberinnen, haben in den letzten Jahrzehnten kritisch das Verhältnis von Lebens- und Arbeitszeit sowie Einkommen hinterfragt.

Obwohl immer mehr Maschinen, Roboter und Computer unsere Arbeit übernehmen und Technik das Arbeiten von überall und zu jeder Zeit möglich machen – wir also viel mehr Frieheit hätten – fühlen sich die allermeisten Menschen nur noch gehetzt.

In der jüngsten Zeit wird nun erstmals wieder eine Debatte um dieses Verhältnis geführt. Immer mehr Start-ups probieren alternative Arbeitszeitmodelle wie die Vier-Tage-Woche oder Abschaffung aller Vollzeitstellen aus. Jetzt berichtet das Magazin Fast Company über einen ziemlich revolutionären Versuch: Das amerikanische Unternehmen Tower Paddle Boards hat den Fünf-Stunden-Tag eingeführt – und dabei auch noch die Bezahlung der Mitarbeiter verdoppelt. Sie bekommen jetzt also mehr Geld pro Stunde Arbeit. Und: Es funktioniert.

Mehr Geld und früher Feierabend

Wie das? Firmenchef Stephan Aarstol schreibt in dem Artikel, dass er seinem Team einfach mehr Lebenszeit zurückgeben wollte. Im Sommer 2015 führte er das alternative Arbeitszeitmodell ein – zunächst für drei Monate. Sein Team sollte von 8 bis 13 Uhr arbeiten und weil die Beschäftigten durch die Arbeitszeitreduzierung keinen geringen Lohn erhalten sollten, zahlte Aarstol seinen Leuten kurzerhand den doppelten Stundenlohn und führte außerdem eine Profitbeteiligung von fünf Prozent ein. Allerdings machte der Chef auch klar: In den fünf Stunden pro Arbeitstag erwartete er nicht nur das bisherige Tempo, sondern eher mehr. Der Druck stieg also eigentlich.

Offenbar kam das bei den Beschäftigten aber nicht negativ an – sondern spornte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Denn zugleich gab der Chef ihnen mehr Freiheit und mehr Verantwortung. Weil sie am Gewinn beteiligt wurden, waren die Beschäftigten offenbar bereit, auch mehr Leistung zu bringen. Und statt einfach acht Stunden am Tag “abzusitzen”, schaffte das Team viel mehr in fünf Stunden – und freute sich über einen früheren Feierabend, mehr Geld – und mehr Wertschätzung.

Der Effekt war offenbar so groß, dass das Unternehmen seinen Gewinn um 40 Prozent steigern konnte. Mittlerweile ist aus dem Projekt ein Dauer-Zustand geworden und der Chef hat ein Buch geschrieben, das internationale Beachtung findet. Wie das Magazin Wienerin berichtet, befindet sich Tower Paddle Boards aktuell auf der Liste der 5.000 am schnellsten wachsenden US-Unternehmen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.

Kommentare

  • Ich arbeite für zwei Monate reduziert wegen Elternzeit (30 Stunden) und effizienter. Der Output ist mindestens gleich hoch wie der meiner beiden direkten Kollegen. Allerdings bezahlt mir niemand das Doppelte, sondern im Gegenteil ist mein Arbeitsvertrag für diese Zeit auch noch eine Stufe unter meinen Kollegen, da ich ja “in Elternzeit bin”. Quasi Extra-Aufschlag auf den Abzug, Danke!

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