Frauen passen selten auf die Stellenanzeige

Leuchtreklame mit Schriftzug Come in We're Hiring!

Geahnt hat man es ja schon oft, jetzt untermauert eine Studie, dass Stellenanzeige oft einfach so formuliert werden, dass sie auf den Lieblingskandidaten passen und auf nieman sonst. Das berichtete jüngst die Süddeutsche Zeitung unter Berufung eines Gutachtens von Hans-Jürgen Papier, den früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts.

Der hatte für das Bundesland Nordrhein-Westfalen  untersucht, warum es so wenig Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst schaffen. Das Ergebnis bestätigt die schlimmsten Befürchtungen nicht nur von Feministinnen: Die Bewertungskriterien würden so angewandt, dass immer ein Kandidat als der Beste eingestuft werden müssten. Das heißt: Mindestens eine ganz individuelle und besondere Qualifikation, die ein bereits im Vorfeld ausgeguckter Lieblingskandidat mitbringt, wird als zwingende Voraussetzung definiert. Idealerweise sind es gleich mehrere solcher Faktoren. Damit haben alle anderen Bewerberinnen und Bewerber keine Chancen und schon zu Beginn der Personalsuche gibt es überhaupt keine Chancengleichheit unter den Kandidaten. Papier zeigt auch, dass Frauen in der Regel nicht der beste Kandidat sind – schlicht weil ihnen allzu häufig der Zugang zu den Netzwerken fehlt.

Das Formulieren der Stellenausschreibung ist damit aber auch das größte Einfallstor, um die Quote zu unterlaufen, die ja im öffentlichen Dienst bereits angewandt wird. Denn bei gleicher Qualifikation sollen der Gleichstellungsregelung ja weibliche Kandidatinnen bevorzugt werden. Aber mit dieser Methode werden sie ausgeschaltet.

Stellen werden entsprechend dem Best Buddy vom Chef ausgeschrieben

In dem Gutachten empfiehlt der Autor deshalb eine gesetzliche Neuregelung etwa mit der Formulierung: “Frauen sind bevorzugt zu befördern, soweit ein Bewerber nicht eine offensichtlich bessere Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung vorzuweisen hat.” Diese Formulierung könnte ausschließen, dass die kleinsten individuellen Kompetenzen ausschlaggebend für eine Stellenbesetzung wären. Derzeit heißt es in den Gleichstellungsrichtlinien nur: “Frauen sind bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern.” Ich finde allerdings auch, dass der Unterschied für Nicht-Juristen kaum zu verstehen ist.

Wie schade nur, dass solche Regelungen für die private Wirtschaft nicht greifen. Hier haben vermutlich die meisten Berufstätigen bei internen Stellen-Zuschustereien schon erlebt, dass Stellen entsprechend dem Best Buddy vom Chef ausgeschrieben werden, der ohnehin für den Job ausgeguckt ist.

Natürlich ist ja auch nichs dagegen einzuwenden, dass ein interner Bewerber, der wirklich fähig ist und seine Leistungen bereits unter Beweis gestellt hat, auch den Führungsjob bekommen sollte. Das alte Problem an der Sache ist dann die Frage, welchen Sinn eine (interne oder externe) Ausschreibung überhaupt noch hat? Und wie es diejenigen trotzdem schaffen, sich ins Gespräch zu bringen, die nicht den besten informellen Draht zum Chef haben. In der Regel sind das ja Frauen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.