Frauen verzeihen Scheitern schwerer

Verschwommene Person auf Rolltreppe

Scheitern gilt in Deutschland als schwere Niederlage. Wer einmal eine Pleite hingelegt hat, dem hängt das lange nach. Und behindert insbesondere als Unternehmensgründer einen geschäftlichen Neuanfang. Eine neue Studie hat jetzt untersucht, wie stark die Vorbehalte gegenüber Gescheiterten sind.

Demnach zeigt sich, dass die Deutschen nur ganz langsam etwas offener und verständnisvoller für unternehmerisches Scheitern sind. 40 Prozent allerdings würden bei früheren Pleitiers nichts bestellen, berichtet Wirtschaftspsychologie aktuell.

Die Universität Hohenheim hatte von Herbst 2014 bis Frühjahr 2015 eine repräsentative Befragung unter 2.027 Personen zwischen 18 und 67 Jahren durchführen lassen. Demnach sah knapp jeder Zweite im unternehmerischen Scheitern etwas Positives. 78 Prozent der Befragten gaben an, dass gescheiterte Gründer eine zweite Chance verdient hätten.

Besserverdiener empfinden unternehmerische Fehlschläge nicht negativ

Es gab jedoch einen deutlichen geschlechtsspezifischen Unterschied: Während 54 Prozent der befragten Männer Fehlschlägen gegenüber positiv eingestellt waren, waren es nur 47 Prozent der Frauen. Auch ein deutlicher Generationenunterschied zeigte sich: So war die Generation Y bis 29 Jahre dem Scheitern gegenüber am tolerantesten eingestellt, die Älteren ab 60 Jahren hingegen hatten die geringsten positiven Zustimmungswerte. Interessant auch: Fast dreiviertel der Besserverdiener mit einem Haushaltseinkommen über 5.000 Euro im Monat fanden unternehmerische Fehlschläge nicht negativ, dagegen aber nur 45 Prozent der Befragten mit einem Einkommen bis zu 2.000 Euro im Monat.

Danach befragt, ob sie bei Gescheiterten kaufen würden, zeigten sich allerdings noch einmal stärkere Vorbehalte bei den Befragten: Immerhin 40 Prozent würden bei einem Pleitier keine Produkte kaufen und jeder Fünfte würde kein Geld in ein Start-up investieren, von dessen Gründer bekannt ist, dass dieser schon einmal gescheitert ist.

Mehr Verständnis hatten die Befragten, wenn die Gründe für das Scheitern nicht vom Unternehmer beeinflusst werden konnten – etwa weil die Firmenpleite durch einen Schicksalsschlag wie eine Krankheit verursacht war. Dagegen waren die Vorbehalte größer, wenn es einfach nur am Konzept lag.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.