Frühfluktuation verstehen: Was sie bedeutet, wie sie entsteht und warum sie teuer ist

Verwaistes Büro

Kündigen neue Mitarbeitende früh, steckt meist mehr dahinter als Zufall. Frühfluktuation offenbart Schwächen im Unternehmen – und verursacht erhebliche Kosten.

Im Fokus Frühfluktuation

Wenn neue Mitarbeitende das Unternehmen nach wenigen Monaten wieder verlassen, spricht man von Frühfluktuation. Sie unterscheidet sich klar von der allgemeinen Fluktuation, die Wechsel über längere Zeiträume umfasst. Frühfluktuation betrifft die ersten drei bis zwölf Monate nach dem Eintritt und markiert eine kritische Phase im Arbeitsverhältnis. Während allgemeine Fluktuation oft durch Karrierewechsel, Ruhestand oder Standortveränderungen entsteht, liegt Frühfluktuation meist an einem Missverhältnis zwischen Erwartungen und Realität.

In Zeiten des Fachkräftemangels wird Frühfluktuation zum strategischen Risiko. Sie zeigt Schwächen in Auswahl, Einarbeitung und Führung und verursacht hohe Kosten. Studien schätzen den Verlust eines neuen Mitarbeitenden auf 20.000 und 100.000 Euro, abhängig von der Position. Neben direkten Ausgaben für Recruiting und Einarbeitung belasten entgangene Produktivität, Know-how-Verlust und Imageschäden das Unternehmen.

Die Betroffenheit variiert je nach Branche

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtBesonders in Pflege, Gastronomie, IT und Handel ist die Frühfluktuationsquote hoch. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft verlassen in manchen Branchen bis zu 30 Prozent der Neueintritte das Unternehmen im ersten Jahr. Der branchenübergreifende Durchschnitt liegt bei etwa 15 Prozent. Auch die Unternehmensgröße spielt eine Rolle: Kleine und mittlere Betriebe sind stärker betroffen, da sie oft keine strukturierten Onboarding-Programme oder strategisches HR-Controlling nutzen.


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Und auch die volkswirtschaftlichen Folgen sind erheblich. In einer alternden Gesellschaft mit schrumpfendem Erwerbspersonenpotenzial wird der Verbleib im Unternehmen immer wichtiger. Frühfluktuation betrifft demnach nicht nur HR, sondern auch Organisationsentwicklung, Unternehmenskultur und Employer Branding. Ihre Bewältigung erfordert also ein interdisziplinäres Verständnis – über alle Funktionen und Hierarchien hinweg.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.