Gerecht, aber teuer: Die Tücken der Rentenreform für Beamt:innen

Ein älterer und ein jüngerer Mann sitzen je auf einer Bank

Arbeitsministerin schlägt Integration von Beamt:innen in Rentenversicherung vor – eine scheinbar einfache Lösung mit komplexen Hindernissen. Verfassungsrechtliche, finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten machen die Umsetzung zu einer Mammutaufgabe.

Arbeitsministerin Bärbel Bas schlägt vor, Beamt:innen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubinden. Auf den ersten Blick scheint das eine einfache und gerechte Idee, um das Rentensystem zu stabilisieren. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar: Die Umsetzung ist kompliziert, teuer und voller Hürden. Auch das oft genannte Vorbild Österreich taugt nur bedingt.


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Die Verfassung macht die Integration von Beamt:innen schwierig. Sie garantiert ihnen eine amtsangemessene Versorgung durch den Staat – nicht nur während der Dienstzeit, sondern auch im Ruhestand. Würden Beamt:innen in die Rentenversicherung einzahlen, müsste der Staat weiterhin die Differenz zwischen der gesetzlichen Rente und der bisherigen Pension ausgleichen. Das würde enorme Zusatzkosten verursachen.

Finanzielle Lasten

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtDie Reform würde den Staatshaushalt stark belasten. Beamt:innen zahlen bisher keine Rentenbeiträge, da der Staat ihre Pensionen direkt finanziert. Würden sie in die Rentenversicherung einbezogen, müsste der Staat nicht nur die Arbeitgeberanteile übernehmen, sondern auch die bisherigen Pensionsansprüche weiter bedienen. Das führte zu einer doppelten Belastung. Zudem müssten die Bruttobezüge der Beamt:innen steigen, um die neuen Beiträge zu finanzieren – ein weiterer Kostentreiber.

Auch praktisch ist die Reform kompliziert. Beamt:innen arbeiten in unterschiedlichsten Bereichen des öffentlichen Dienstes, ihre Versorgungssysteme sind entsprechend vielfältig. Eine einheitliche Regelung zu finden, die verfassungs- und finanzrechtlich tragbar ist, wäre eine Mammutaufgabe. Übergangsregelungen müssten sicherstellen, dass bestehende Pensionsansprüche erhalten bleiben, während neue Rentenansprüche aufgebaut werden.

Österreich – wirklich ein Vorbild?

Österreich wird oft als Beispiel gennant, doch die dortige Reform lässt sich nicht einfach auf Deutschland übertragen. Seit 2005 zahlen österreichische Beamt:innen in eine Rentenkasse ein, die ihre Pensionen finanziert. Diese Umstellung erfolgte jedoch mit langen Übergangsfristen und zahlreichen Anpassungen, die bis heute andauern.

Ein entscheidender Unterschied: In Österreich liegt der Rentenbeitragssatz bei 22,8 Prozent, in Deutschland nur bei 18,6 Prozent. Zudem unterstützt der österreichische Staat das Rentensystem mit hohen Zuschüssen, was die großzügigeren Leistungen ermöglicht. In Deutschland sind solche Zuschüsse in diesem Umfang nicht vorgesehen – ein weiterer Grund, warum das Modell nicht passt.

Die Idee, Beamt:innen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubinden, klingt simpel, scheitert aber an verfassungsrechtlichen, finanziellen und organisatorischen Hürden. Das weiß auch die Ministerin. Immerhin hat sie eines erreicht: Deutschland diskutiert wieder über die Rente. Und über Privilegien.

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Tina Groll

Tina Groll, SPIEGEL-Bestsellerautorin und Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft, konzentriert sich als Autorin von WIR SIND DER WANDEL auf Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren” aus. Ferner ist sie Mitglied im Deutschen Presserat.