„In Deutschland ist es schwerer als anderswo“

Juliane Block

Als Frau Filme in Deutschland zu finanzieren, ist schwerer als anderswo. Zum Beispiel gehen einige Filmfördertöpfe zu fast 100 Prozent an männliche Regisseure. Dennoch möchte Juliane Block es hier schaffen.

Juliane Block, deutsche Regisseurin und Produzentin, hat sich von 2005 bis 2011 in Hong Kong, Malaysia und Indonesien mit zwei Langspielfilmen, Kurzfilmen und diversen Videoproduktionen einen Namen gemacht. Ihre preisgekrönten Werke wurden auf Festivals rund um den Globus gezeigt. 2008 nahm die Regisseurin an dem Berlinale Talentcampus teil und war mit ihrer Crowdfundingkampagne “The Inner District” eine der Gewinnerinnen im Google gesponserten Indiegogo-Wettbewerb “Gründer-Garage” 2012.

Aktuell läuft ihre Crowdinvesting-Kampagne zu ihrem dritten Langspielfilm “3 Lives” mit Thora Birch aus „American Beauty“ in der Hauptrolle. Noch bis zum 29. August 2015 sucht sie Investoren, die Block und ihr Team unterstützen möchten.


Frauen haben etwas zu sagen, sie müssen allerdings den Raum erhalten, das auch zu tun! Diesen bieten wir mit unserem Format DIE CHEFIN-TALK.
Hier laden wir Frauen ein, mit uns über ihr Thema zu sprechen.


die Chefin: Warum machen Sie, was Sie machen?

Juliane Block: Eigentlich wollte ich Ingenieurin werden und in die Fußstapfen meiner Eltern treten. Während einer Ausbildung zur Bauzeichnerin verwarf ich aber aufgrund des zu technischen Schwerpunkts meinen Wunsch, Architektin zu werden.

Ich bewarb mich an der Kunsthochschule und lernte dort einen Kommilitonen kennen, der in seiner Freizeit einen Zombiefilm drehte. Mein Hobby war damals Special Effects Make-ups und so bin ich zum Film gekommen.

Als ich 2007 als Regisseurin am Filmset meines ersten Kurzfilms stand wusste ich, das will ich den Rest meines Lebens machen. Die Erfahrung war unglaublich inspirierend – auch wenn das Ergebnis aus heutiger Sicht viel zu wünschen übrig ließ. Jeder fängt halt mal klein an.

Mit Menschen in Extremsituationen zu arbeiten, Geschichten zu erfinden und visuell zu erzählen, ist meine große Leidenschaft. Ich kann mir momentan keinen schöneren Beruf vorstellen. Ich bin sehr froh, dass sich letztendlich meine künstlerische Ader durchgesetzt hat.

die Chefin: Wurden Sie auf Ihrem Weg unterstützt?

Block: Natürlich, sonst wäre ich niemals da, wo ich heute bin. An jedem Wendepunkt meiner Karriere bin ich auf Wegbereiter und Mentoren gestoßen, die mir neue Möglichkeiten aufzeigten und mich in entscheidenden Fragen beraten haben.

Meine Eltern haben mich, obwohl sie meine Berufswahl nicht wirklich verstanden haben, immer unterstützt. Freunde und Partner sind immer für mich da gewesen. Es ist sehr wichtig, auf Menschen zurückfallen zu können, die einem in schwierigen Phasen Halt bieten und das Vertrauen in einen nicht verlieren.

“Benachteiligt habe ich mich in Asien nie gefühlt.”

die Chefin: Gab es auf diesem Weg Hürden?

Block: Jede Menge. Mein Ziel ist es, als deutsche Regisseurin englischsprachige Filme in Deutschland, bzw. aus Deutschland heraus für ein internationales Publikum zu produzieren.

Und auch wenn es in jedem Land schwer ist, Filme zu finanzieren, habe ich mittlerweile das Gefühl, in Deutschland ist es noch schwerer als anderswo – zumindest für die Filme, die ich machen möchte.

Nach meiner Rückkehr aus Asien fragten mich viele Bekannte, ob ich nicht als Frau dort Probleme gehabt hätte? Vielleicht liegt es daran, dass ich in erster Linie als Ausländerin gesehen wurde, was die Geschlechterfrage verdrängt hat. Benachteiligt habe ich mich in Asien aber nie gefühlt. Ganz im Gegenteil, ich habe es geschafft, in vier Jahren zwei Langspielfilme zu drehen. Nun bin ich seit vier Jahren in Deutschland und immer noch in der Entwicklungsphase meines dritten Langspielfilms.

Leider werden einige Filmfördertöpfe zu fast 100 Prozent an männliche Regisseure vergeben. Auch fördern Bund und Länder in erster Linie Komödien oder Autorenfilme mit sozialkritischen Anspruch, deutschem Bezug und Beteiligung eines deutschen Fernsehsenders. Da bin ich mit englischsprachigen Thrillern, Science-Fiction oder Action Filmen nicht wirklich an vorderster Front dabei. Außerdem kommt es erschwerend hinzu, dass ich keine Filmuni besucht habe.

Andere Fördermöglichkeiten in Deutschland stecken noch in den Kinderschuhen. So ist beispielsweise die Einstellung zu Risikokapital viel konservativer als in anderen Ländern. Ich habe Deutschland als ein Land kennengelernt, wo die Mehrheit das Risiko eher scheut und lieber auf Bewährtes setzt.

Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Ausnahmen, und die sind es, die mir Mut machen und den Antrieb geben, weiterzusuchen, um es in ‘meinem’ Land zu schaffen. Action, Sci-Fi und Thriller müssen meiner Meinung nach nicht immer aus Amerika kommen.

die Chefin: Auf welche Ihrer Eigenschaften sind Sie stolz und warum?

Block: Eine Freundin von mir hat es das “Terriersyndrom” genannt. Zubeißen und nicht loslassen, bis das Ziel erreicht ist. Das kann unheimlich anstrengend sein, aber es ist einer meiner Hauptcharakterzüge, die mich ausmachen und mir ermöglichen meinen Traum zu leben und, ganz wichtig, andere zu begeistern.

“Auf das eigene Bauchgefühl hören.”

die Chefin: Was war der beste Rat den Sie je bekommen haben?

Block: Meine Eltern haben sich getrennt, als ich ein Teenager war. Ich hörte meine Mutter damals sagen, sie hoffe aus dem ganzen Leid zu lernen und weise zu werden. Ich dachte damals: “Wie blöd! Entweder hab ich ein sorgenfreies Leben, entwickle mich aber nicht weiter, oder ich muss auf Schicksalsschläge warten, um menschlich weiterzukommen?”

Seitdem gehe ich immer den Weg, der mich am meisten reizt, aber der mir auch am meisten Angst macht, um meine Grenzen immer wieder auf ein Neues zu testen. Nur wer seine Komfortzone verlässt, entwickelt sich weiter – und das kann man selbst in die Hand nehmen.

die Chefin: Was raten Sie dem Nachwuchs?

Block: Auf das eigene Bauchgefühl hören. Niemand weiß so gut, zu was frau fähig ist, wie das eigene Unterbewusstsein.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.