Eine in der heutigen Zeit groteske Frage, denn die sicheren Zeiten sind vorbei. Die neue Sicherheit ist Freiheit. Wir müssen nur noch lernen, mit ihr umzugehen.
Hand aufs Herz, haben Sie sich auch schon mal gefragt, ob Ihr Job eigentlich noch sicher ist? Oder hat Sie auch schon mal so ein mulmiges Gefühl beschlichen, wenn Sie all diese „Horrormeldungen“ gelesen haben, dass Roboter uns künftig die Jobs wegnehmen? Sie sind damit nicht allein, viele beschäftigt dieses Thema. Und nicht nur das, es macht ihnen auch Angst. Was verständlich ist, wenn man sich die Fakten anschaut: Im 19. Jahrhundert dauerte es 100 Jahre, bis sich Wissen verdoppelte. Im Jahr 2000 brauchte es dafür noch 10 Jahre. Und heute? Heute dauert das ganze gerade mal 24 Stunden. Sie sitzen heute Abend mit Ihren Liebsten am Tisch und morgen um die gleiche Zeit ist – schwups – doppelt so viel Wissen da.
Was das auch immer genau bedeutet, ist vermutlich keinem von uns so wirklich klar. Aber, die Dinge verändern sich immer schneller. Unser ganzes Leben verändert sich immer schneller, auch unser Arbeitsleben. Die Frage ist nur, realisieren wir das, nehmen wir es ernst und wie gehen wir damit um?
Zukunft 4.0 kommt nicht, sie ist da
In unserer Arbeit erleben wir immer wieder die gleiche Reaktion, wenn es um das Thema Zukunft gepaart mit Robotics & Co geht: es wird verdrängt. Da kommen Aussagen wie: „Es ist ja alles noch lange hin, bis das so weit ist.“ oder „Was soll ich mich aufregen, wahrscheinlich ist es eh wieder nur so eine typische Panikmache.“ Da wird der Kopf in den Sand gesteckt. Dabei sind die Fakten offensichtlich: Zukunft 4.0 kommt nicht, sie ist da.
Xiaoyi, der erste Roboter, der im letzten Jahr in China die Medizinprüfung bestanden hat – ihn gibt es. Watson, der Supercomputer von IBM, der in der Lage ist, innerhalb von 15 Sekunden die Symptome von einer Million Krebspatienten zu vergleichen, zehn Millionen Finanzberichte und dazu noch 100 Millionen Produkthandbücher zu lesen – auch ihn gibt es. Oder Sophia, der humanoide Roboter mit der Fähigkeit zu visueller Datenverarbeitung und zur Gesichtserkennung, sie ist auch da.
Revolution unserer Arbeitswelt
Verschiedene Studien zeigen, dass es jeden zweiten Job innerhalb der nächsten zehn oder 20 Jahre nicht mehr geben wird. Und auch wenn sich die Geister darüber streiten, ob Jobs wegfallen oder sich verändern, beides bedeutet eine Revolution unserer Arbeitswelt. Und die spüren wir bereits heute: Die Lufthansa beispielsweise hat jüngst verkündet, 3.000 Führungskräfte aus der Verwaltung zu ersetzen. Das heißt, die Mitarbeiter sollen nicht abgebaut, sondern wegen mangelnder Veränderungskompetenz ersetzt werden. Das Unternehmen Nestlé baut 450 IT-Stellen im Rahmen der Digitalisierungsentwicklung ab. Ein japanischer Versicherer hat einen Großteil seiner Mitarbeiter durch künstliche Intelligenz ersetzt. Japan und auch Finnland setzen bereits humanoide Roboter als Lehrer ein.
Die Medien sind voll von Nachrichten wie diesen. Dennoch wollen wir sie irgendwie nicht wahrhaben. Aber worauf waren wir? Wollen wir uns wirklich mit geschlossenen Augen aufs Schlachtfeld stellen und darauf hoffen, nicht getroffen zu werden? Ein blöder Plan!
Sichtweise ändern
Es macht also keinen Sinn, die Fakten zu ignorieren. Sie sind da – ob sie uns passen oder nicht. Allerdings sind wir ihnen nicht ausgeliefert. Wir können zwar die Tatsachen und die Umstände nicht ändern, wir können aber entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen. Wir können unsere Sichtweise auf die Dinge ändern. Und damit ist die Frage vom Anfang, ob unsere Jobs sicher sind, im Endeffekt die völlig falsche Frage in unserer heutigen Zeit.
Denn während früher Abitur, Studium, sicherer Job mit Bausparvertrag und Eigenheim als erstrebenswert galt, ist das alles inzwischen hinfällig. Denn wenn ich nicht weiß, ob es den Job, den ich heute studiere, morgen überhaupt noch gibt, ist die Frage nach dem sicheren Job völlig grotesk. Die Zeiten der Sicherheit sind also vorbei. Und natürlich ist es erst einmal erschreckend, wenn man hört, das jeder zweite Job wegfällt. Aber nur, weil es für uns unbekannt ist. Für unsere Kinder, die in diese Welt hineingeboren werden, ist es völlig normal, heute dies und morgen das zu machen. Der Unterschied zu früher ist also, dass wir länger Zeit hatten, uns an Veränderungen zu gewöhnen. So konnten wir uns zehn Jahre damit anfreunden, kein Münzgeld mehr in Schlitze zu stecken, um jemanden anzurufen.
Wir erwarten etwas, das es nicht mehr gibt
Und was ist eigentlich wirklich so schlimm daran, wenn es jeden zweiten Job bald nicht mehr gibt? Dann gibt es halt einen anderen. Und damit sind wir beim Punkt: Das Schlimme ist nicht, dass unsere Jobs nicht mehr sicher sind, sondern das wir diese Sicherheit erwarten. Denn wir erwarten etwas, das es nicht mehr gibt. Dabei bekommen wir dadurch immens viele Chancen und Optionen – und so Freiheit.
Niemals vorher gab es so viele Möglichkeiten, seinem Leben jeden Tag eine neue Richtung zu geben. Und nur weil man sich irgendwann mit Anfang 20 einmal für einen Beruf entschieden hat, heißt das noch lange nicht, dass man diesen auch bis zum Lebensende ausführen muss. Nie zuvor war es so „leicht“, in einem völlig neuen Markt, einer völlig neuen Branche oder sogar in einem völlig neuen Land Fuß zu fassen. Und nie zuvor war es so leicht, sich das notwendige Know-how selbst zu besorgen.
Freiheit ist die neue Sicherheit
Es gibt so gut wie keine Eintrittsbarrieren mehr. Der Hausfrau und Mutter, die früher wenig Chancen hatte, sich neben ihren vielen Verpflichtungen auch noch beruflich zu verwirklichen, stehen heute diverse Möglichkeiten zur Verfügung, ihre Arbeitskraft anzubieten – Wann sie will, so oft sie will und wo sie will. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.
Wir leben in einer völlig neuen Welt, in einem völlig neuen Markt und müssen uns komplett neu einstellen. Dabei entstehen nicht nur neue Berufe, es entstehen auch völlig neue Arbeitsformen und mit ihnen auch ein komplett neuer Wettbewerb. Freiheit ist die neue Sicherheit – wir müssen nur noch lernen, mit ihr umzugehen.
Die internationale Vertriebsexpertin Katja Porsch zählt zu den Top-Keynote-Speakern im deutschsprachigen Raum. Peter Brandl gehört zu den gefragtesten Rednern zu den Themen Veränderung, Innovation und Management. Mit ihrem neuen Buch Der Zukunfts-Code übertragen sie all ihr Know-how in die Zukunft 4.0.