Keine Impfauskunft für Arbeitgeber!

Maske und Schriftzug Covid-19 auf Wand gesprüht

Arbeitgeber sollten nicht wissen dürfen, ob ihre Beschäftigten gegen Covid-19 geimpft sind. Die Nachteile wären gravierend.

Es klingt logisch und ist es doch nicht: Dass Arbeitgeber wissen dürfen, ob ihre Mitarbeitenden gegen das Corona-Virus geimpft sind. Manches spricht scheinbar dafür. Immerhin ist das Risiko für Ungeimpfte ansichts der sich ausbreitenden Virusvarianten sehr groß, sich anzustecken und möglicherweise schwer zu erkranken. Arbeitgeber, die Veranstaltungen und Meetings im Großraum planen, müssen dann einen ganz anderen Schutz zur Verfügung stellen. Auch werden Unternehmen vor einige Herausforderungen gestellt, sich via Betriebsärztinnen und -ärzte an der Impfkampagne zu beteiligen. Denn wenn sie nicht wissen, wie hoch der Anteil der Ungeimpften bei den Beschäftigten ist, wird das Impfangebot im Betrieb möglicherweise am realen Bedarf vorbei organisiert. Und überhaupt: Schon längst haben Gastronomiebetriebe, Kinos, Theater und sogar körpernahe Dienstleistungen schon lange die Maßgabe, den Impfstatus zu erfahren. Fast jede und jeder Geimpfte trägt das entsprechende Zertifikat per App im Smartphone mit sich herum. Der Impfstatus ist doch längst schon gläsern geworden. Warum sollten ausgerechnet Arbeitgeber vom Auskunftsanspruch ausgenommen sein?

Man kann die Ansicht teilen, dass es nur nachvollziehbar ist, Arbeitgebern diesen Anspruch zu gewähren. Doch die Argumente dagegen überwiegen. Da wäre zum einen der Beschäftigtendatenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmtheit. Zudem gibt es keine Impfpflicht und es soll sie – so das Versprechen der Politik – auch bis auf weiteres nicht geben. Ob jemand geimpft ist oder nicht ist daher immer noch eine private und ganz persönliche Entscheidung. Zumal eine jede Impfung auch ein medizinischer Eingriff ist.

Arbeitgeber geht es nichts an, ob ihre Beschäftigten geimpft sind

Dass Millionen von Menschen sich für eine Impfung entscheiden – zum Selbstschutz, aber auch aus Solidarität – ist gut. Es kann aber nicht für ein jedes Individuum zum generellen Anspruch, zur Grundvoraussetzung werden, um in dieser Gesellschaft leben zu dürfen.

Den Arbeitgeber geht es nun einmal nichts an, ob Beschäftigte geimpft sind, jedenfalls nicht, wenn diese nicht in einem Gesundheitsberuf tätig sind oder mit besonders gefährdeten Gruppen arbeiten. Das Risiko ist groß, dass durch einen Auskunftsanspruch auch bald weitere Daten erhoben werden, über andere Impfungen, über den Gesundheitszustand allgemein, über mögliche Vorerkrankungen.

Apropos Vorerkrankungen: Es gibt viele, die sich aufgrund von Krankheiten oder etwa wegen einer Schwangerschaft einfach nicht impfen lassen können, auch wenn sie sich vielleicht sehnlichst danach sehnten. Gerade für diese Menschen wird die 2G-Regel zunehmend zur Zerreißprobe; sie erfahren unberechtigterweise Diskriminierung und Ausgrenzung. Es gibt vielleicht gute Gründe, dass Beschäftigte eine schwere Allergie, eine bestimmte Vorerkrankung oder auch eine Schwangerschaft vor dem Arbeitgeber verheimlich wollen – oft müssen Beschäftigte diese Tatsachen nämlich dem Arbeitgeber gar nicht mitteilen. Sie haben das Recht, ihren Gesundheitszustand für sich zu behalten. Denn verbunden mit der Feststellung, wer geimpft und wer nicht geimpft ist, steht auch die Frage nach dem Warum im Raum.

Der Beschäftigtendatenschutz ist unverhandelbar

Schließlich darf ein jeder und eine jede sich auch aus Überzeugung gegen eine Impfung entscheiden – ohne dies begründen zu müssen. Doch laut zu sagen, dass man aus welchen Gründen auch immer eine Impfung für sich ablehnt, wird für viele immer schwieriger. Nicht wenige impfskeptische Beschäftigte fürchten, wegen ihrer Skepsis diskriminiert und benachteiligt zu werden.

Das ist am Ende auch der Grund, warum Gewerkschaften einen generellen Rechtsanspruch des Arbeitgebers auf Auskunft über den Impfstatus von Beschäftigten ablehnen. Und zwar auch in Bereichen wie der Gastronomie, den Kinos oder Clubs . Es macht einen Unterschied, ob man freiwillig zu einer Kulturveranstaltung geht oder ob man dort arbeitet. Und so lange diese Gesellschaft an den Grundrechten festhält und auch daran, dass es auch das Recht gibt, sich nicht impfen zu lassen, ist dies auch richtig so.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.