Trotz angerechneter Kindererziehungszeiten bleibt die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland groß. Besonders Mütter in Westdeutschland sind im Vergleich zu kinderlosen Frauen benachteiligt. Der Ausbau der Kinderbetreuung sowie Reformen beim Ehegattensplitting und Minijobs könnten diese Ungleichheit verringern.
Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die gesetzliche Rente reduziert die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern nur minimal. Bei den Geburtsjahrgängen 1952 bis 1959 sinkt der sogenannte Gender Pension Gap in Westdeutschland dadurch lediglich von 41 auf 37 Prozent. Auch der Vergleich zwischen Müttern und kinderlosen Frauen zeigt nur einen begrenzten Effekt: Der sogenannte Motherhood Pension Gap verringert sich von 31 auf 26 Prozent. In Ostdeutschland ist die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern mit zehn Prozent deutlich kleiner. Hier profitieren Frauen sogar von der Mutterschaft: Sie stehen bei der Rente besser da als kinderlose Frauen. Das ergab eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in Zusammenarbeit mit der Hertie School Berlin, dem Einstein Center Population Diversity (ECPD) und dem Forschungsdatenzentrum der Deutschen Rentenversicherung.
Teilzeit und niedrige Löhne verstärken die Rentenlücke
Kindererziehungszeiten, 1986 eingeführt, sollten Mütter sozial absichern. „Nach fast 40 Jahren kann diese Rentenreform nur teilweise als Erfolg bewertet werden: Sie hilft Müttern, aber nicht ausreichend“, sagt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin. „Die Kindererziehungszeiten erfüllen ihren Zweck mit Blick auf die Rente nur dann, wenn Frauen nach der Geburt eines Kindes in eine Vollzeit- oder vollzeitnahe Beschäftigung zurückkehren können“, ergänzt Michaela Kreyenfeld, Co-Direktorin am ECPD.
Müttern werden für bis zu drei Jahre nach der Geburt pro Jahr ein Entgeltpunkt gutgeschrieben, was einem Durchschnittsverdienst entspricht. Doch die Folgen der Mutterschaft reichen weit über diese Zeit hinaus: Viele Frauen wechseln nach der Familiengründung in Teilzeit, was den Gender Pay Gap – die Lücke bei den Bruttostundenlöhnen – deutlich vergrößert. Diese Verdienstlücke bleibt meist bestehen und führt direkt zur Rentenlücke.
Ostdeutschland: Rentenlücke könnte wachsen
Die Kindererziehungszeiten sollten zusammen mit einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen langfristig die Rentenlücken schließen. Reformen wie die Mütterrente von 2014 erhöhten die Ansprüche, besonders für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Sie erhielten zuvor nur einen Entgeltpunkt pro Geburt.
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In Ostdeutschland sind die Unterschiede zwischen Frauen und Männern bislang geringer, da Frauen häufiger erwerbstätig sind und Männer niedrigere Löhne haben. Doch auch hier könnte sich die Rentenlücke vergrößern, da immer mehr Mütter in Teilzeit arbeiten. Die Studienautor:innen empfehlen, die „gleichberechtigte Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen Eltern zu fördern und eine flexible Betreuungsinfrastruktur aufzubauen“. Zudem sollten steuerliche Anreize durch Reformen beim Ehegattensplitting und bei Minijobs verbessert werden, da Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern.