Mit Aufrücken in der Hierarchie und Gewinn an Macht, Verantwortung und Entscheidungsgewalt geht oft auch ein Verlust von Empathie und Einfühlungsvermögen einher.
Das erklärt Myriam Bechtoldt, Professorin für Organizational Behavior an der Frankfurt School of Finance and Management im Interview mit Sueddeutsche.de. “Wenn sich Menschen mächtig fühlen, werden sie gefühlskälter. Dieser Effekt lässt sich sogar experimentell erzeugen, indem man Probanden bittet, sich an eine Situation zu erinnern, in der sie sich mächtig gefühlt haben. Sie zeigen anschließend weniger Mitgefühl für die Schicksale von Mitmenschen als Personen, die sich in eine machtlose Situation zurückversetzen sollten.”
Es funktioniert sogar, wenn man Probanden bittet, eine mächtige Körperhaltung einzunehmen. So fanden Forscher der Columbia Business School heraus, dass Menschen, die eine dominante Haltung einnehmen, sogar verstärkt zu Unehrlichkeit neigen.
Frauen streben weniger stark von sich aus Machtpositionen an
Allerdings zeigen sich partiell geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen streben weniger stark von sich aus Machtpositionen an. Sie kommunizieren weniger offensiv einen Willen zur Macht. Bechtoldt vermutet, dies hänge vor allem mit immer noch fehlenden Rollenvorbildern zusammen. Auch entspricht stark dominantes Auftreten bei Frauen so stark der traditionellen Frauenrolle. Allerdings erklärt die Wissenschaftlerin, dass Frauen in Führungspositionen ähnlich häufig zu Mobbing-Tätern werden wie Männer. Unklar ist aber noch, ob das so ist, weil es schlicht menschliches Macht- und Dominanzverhalten ist. Oder ob Frauen eigentlich “anders gepolt” sind, sich aber an den Verhaltensweisen der männlichen Kollegen orientieren. Ich glaube ja, dass sich Männer und Frauen hier nicht groß unterscheiden.