Männer machen mehr Überstunden

Uhr zeigt die Uhrzeit zehn vor sechs an

So viel zur kürzlich verabschiedeten freiwilligen Anti-Stressvereinbarung: Eine neue Studie stellt fest, dass der Trend keineswegs von der Langzeitarbeitskultur weggeht.

Die Zahlen der Erwerbstätigenbefragung 2012 des Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) zeigen, dass fast zehn Prozent der Männer mit Vollzeitjobs mehr als 60 Stunden pro Woche arbeitet; oder wenigstens angibt dies zu tun und diese Zeit im Büro verbringt. Bei den Frauen sind es nur 5,2 Prozent.

Die Zahlen zeigen auch generell einen Unterschied zwischen den Geschlechtern: Die typische Wochenarbeitszeit von Frauen (25,5 Prozent) liegt zwischen 35 und 39 Stunden, die von Männern zwischen 48 und 59 Wochenstunden. Befragt wurden insgesamt 15.000 Vollzeitveschäftigte.

Die unterschiedlichen Rollenmuster zwischen Männern und Frauen könnten eine Rolle spielen

Wie der Gender Gap zu erklären ist, darüber darf gemutmaßt werden. Sicher spielt eine Rolle, dass auch eine Reihe Führungskräfte im mittleren Management befragt wurden, wo Männer nach wie vor die Mehrheit stellen. Sicherlich spielt auch eine Rolle, dass Frauen nach wie vor den Großteil der Haus- und Familienarbeit daheim übernehmen. Während er im Büro hockt, eilt sie pünktlich aus dem Office, um die Kinder abzuholen, einzukaufen und das Essen zu machen. Die unterschiedlichen Rollenmuster zwischen Männern und Frauen könnten also eine Rolle spielen. Letztlich hat aber sicher auch das unterschiedliche Karriereverhalten der Geschlechter einen Einfluss auf die Bereitschaft, Überstunden zu machen. Männer gelten nach wie vor als karriereorientierter. Befragt nach ihrer Motivation zu Überstunden, gibt ein Großteil der Männer an, sie wollten aufsteigen und da gehöre Mehrarbeit dazu. Frauen hingegen suchen verstärkt Selbstverwirklichung und einen Sinn in ihrer Tätigkeit. Und nicht wenige geben an, keinen ausgeprägten Aufstiegswillen zu haben.

Die Autoren des Karrierespiegel geben übrigens an, dass die Hans-Böckler-Stiftung im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Frauen mit ihrer Arbeitszeit zufriedener sind als Männer.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.