Mehr arbeiten und weniger verdienen

Mehrere Personen auf Büroflur

Eine aktuelle Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt: Beschäftigte ohne Tarifvertrag arbeiten nicht nur länger, sie verdienen auch weniger.

Demnach arbeiten Beschäftigte in Vollzeitjobs in tariflosen Betrieben pro Woche nicht nur durchschnittlich 54 Minuten länger, sie erhalten auch elf Prozent weniger als Beschäftigte vergleichbarer Betriebe mit Tarifbindung. Besonders drastisch ist zudem das immer noch bestehende West-Ost-Gefälle. Bei den Löhnen sei das Defizit durch tariflose Beschäftigung in Ostdeutschland besonders ausgeprägt. In Brandenburg etwa bekamen Beschäftigte tarifloser Betriebe rund 15 Prozent weniger als jene in vergleichbaren Firmen mit Tarifbindung. In westdeutschen Bundesländern wie Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen lag der Anteil tarifgebundener Arbeitsplätze der Studie zufolge zuletzt noch zwischen 59 und 55 Prozent, in ostdeutschen Ländern nur noch zwischen 41 und 46 Prozent.

Tarifbindung wird wieder akttraktiver – auch für Arbeitgeber

Wir sind der Wandel-NewsletterAuch bei den Arbeitszeiten gibt es der Untersuchung zufolge Unterschiede zwischen tariflosen und tarifgebundenen Betrieben: Besonders groß war der Gap bei der Arbeitszeit in Baden-Württemberg, wo Beschäftigte in tariflosen Firmen pro Woche 87 Minuten mehr arbeiten müssen.

Zudem zeigt die Studie, dass der Arbeitskräftemangel die Tarifbindung für Arbeitgeber attraktiv macht. Denn da, wo sich Beschäftigte die Jobs auswählen können, entscheiden sie sich in der Regel für die besten Arbeitsbedingungen – und suchen auch aktiv nach Firmen mit tariflichen Bedingungen. Für die Studie wurden Daten des repräsentativen “IAB-Betriebspanels” ausgewertet.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.