Mit dem Chefinnen-Anteil steigt das Gehalt

Frau mit Handy in der Hand

Führen mehr Frauen in Führungspositionen automatisch zu mehr Gleichberechtigung? Nein – aber dafür steigen die Gehälter im Unternehmen, wenn es eine Chefin gibt. Das zeigt eine neue Studie.

Zahlen sich Führungsfrauen aus? Um keine eine andere Frage wurde bei der Diskussion um die Frauenquote so sehr gestritten wie diese. Freilich ist Gleichberechtigung und Chancengerechtigkeit für Männer und Frauen keine, die sich am wirtschaftlichen Profit bemessen sollte. Andererseits soll die Quote nachhaltig ja auch die Unternehmenskultur verändern. Viele Untersuchungen wie etwa eine ganze Forschungsreihe des Beratungsunternehmens McKinsey oder Untersuchungen der Beratung Ernst & Young deuten darauf hin, dass sich mit dem Frauenanteil auch das Betriebsklima verändert. Die Firma werde frauen- und familienfreundlicher und insgesamt auch vielfältiger. Und das dient am Ende auch dem wirtschaftlichen Erfolg. Was bisher aber fehlte, sind Angaben darüber, wie die Beschäftigten den steigenden Chefinnenanteil wahrnehmen.
Dieser Frage hat sich nun die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu gewidmet. Dort können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch ehemalige Mitarbeiter und Auszubildende ihre Arbeitgeber bewerten. Abgefragt werden Faktoren wie Arbeitsatmosphäre, das Verhalten von Vorgesetzten, Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance, aber auch der Umgang mit älteren Kollegen – und Gleichberechtigung. Kurzum: Die Mitarbeiter geben auf der Plattform an, ob ihrer Meinung nach Frauen und Männer die gleichen Karrierechancen im Unternehmen haben und ob sich Familienauszeiten ihrer Erfahrung nach negativ auswirken.

Kununu hat nun fast 20.000 Bewertungen von Beschäftigten aus 160 börsennotierten Unternehmen ausgewertet und die Einschätzungen der Mitarbeiter zum Thema Gleichberechtigung mit der Anzahl der Frauen im Vorstand der Unternehmen ins Verhältnis gesetzt und ein Ranking erstellt.

Der Auswertung zufolge gilt die GfK mit Sitz in Nürnberg als besonders frauenfreundlich. Das Meinungsforschungsinstitut führt auch andere Rankings in Sachen Gleichberechtigung an: Im jährlichen Women-on-Board-Index (WoB-Index) des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (FidAr) etwa landet die GfK schon seit einigen Jahren auf einem der vorderen Plätze. FidAr untersucht regelmäßig, wie sich der Frauenanteil in den 160 größten börsennotierten Unternehmen verändert hat. In diesem Jahr kam das Meinungsforschungsinstitut allerdings nur auf Platz 20, im vergangenen Jahr war es noch Platz 6. Außer einer Frau im Vorstand – Alessandra Cama – ist auch ein Drittel der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt.

Platz 2 im Kununu-Ranking belegt GFT Technologies gefolgt von der Grenke Leasing AG. Auch diese beiden Unternehmen schneiden im WoB-Index gut ab. Mit auf der Liste in beiden Untersuchungen steht auch die Deutsche Telekom, die bekanntlich als erster Arbeitgeber überhaupt noch lange vor der gesetzlichen Quote sich eine firmeninterne Quote für mehr Frauen in Führungspositionen gab. Bei der Telekom sind acht Posten im Aufsichtsrat mit Frauen besetzt. Außerdem hat der Konzern mit Claudia Nemat eine Frau im Vorstand vertreten.

Frauen setzen als Chefin auf andere Werte

Allerdings zeigt die Kununu-Auswertung auch, dass die Ergebnisse nicht ganz so klar sind. Laut der Bewertungsplattform gelten auch solche Arbeitgeber als besonders frauenfreundlich, die gar keine Frau auf C-Level-Ebene haben. Etwa SAP, Beiersdorf, Infineon und ProSiebenSat1 Media. Der Vergleich mit dem WoB-Index, in dem es allein auf den Frauenanteil in den Vorständen und Aufsichtsräten ankommt, zeigt sogar: Diese Unternehmen erreichen, bis auf Infineon mit 37,5 Prozent, nicht mal den aktuellen durchschnittlichen Frauenanteil in den Aufsichtsräten von knapp 26 Prozent.

Auffällig ist aber etwas ganz anderes: Mit den Frauen im Vorstand verändern sich die Incentives und Werte, auf die das Unternehmen setzt bzw. die der Firma wichtig sind. Die Arbeitgeber mit Frauen im Vorstand zahlen beispielsweise höhere Löhne – und sie setzen auf einen starken Umweltschutz und investieren in bessere Sozialleistungen.

Wir haben hier im Blog schon öfter darüber berichtet, dass Frauen als Chefinnen stärker auf Kunden- und Mitarbeiterbindung setzen. Sie fördern stärker als männliche Chefs die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und setzen sich etwa für die Schaffung von Betriebskindergärten ein. In von Frauen geführten Unternehmen bekommen Mitarbeiter weniger oft einen Dienstwagen, aber dafür viel mehr Weiterbildungen oder Programme zur Gesundheitsförderung.

Laut Women-on-Board-Index 2016 liegt der kumulierte Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen derzeit bei 16,2 Prozent (Aufsichtsräte 25,9 Prozent, Vorstände 6,4 Prozent). Damit hat er sich seit 2011 verdoppelt, von Gleichberechtigung kann aber noch keine Rede sein. Und immerhin 11,3 Prozent der börsennotierten Unternehmen in Deutschland waren im Jahr 2016 an der Unternehmensspitze komplett frauenfrei.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.

Kommentare

  • Schön wie die Börsennotierte Firmen in den Himmel & Hölle gehoben werden!
    Ich bin es leid zuzusehen wie alles an dieser Grösse gemessen wird. Fakt ist, das wir die kleinen Betriebe, das komplette gross an Arbeitnehmer beschäftigen. In der Schweiz sind über 60% in Betrieben unter 15 Mitarbeitenden beschäftigt.
    Die über alles gelobten Betriebe sind es, die Kleinbetriebe abwürgen mit Preisdruck und Lieferzwängen. Egal ob Frau oder Mann in der Führungsposition. Dies führt in der Regel dazu das diese Betriebe Finanziell gar nicht in der Lage sind den Mitarbeitenden das alles zu geben, geschweige in die Führungsetagen Frauen zu bestimmen. Abgesehen davon muss oder soll eine Führungskraft professionell sein, oder reicht es in einem Betrieb das nötige Gehalt zu erhalten? Da kommen natürlich nur grosse Betriebe in Frage! Frauen und Männer sollen eine Tätigkeit ausüben die sie können – egal ob Vorstand oder Mitarbeitende im Lager. Wenn wir diese Tatsache ganz nüchtern angehen würde es auch den Frauen etwas bringen. Es geht um Würde und nicht um Positionen.
    Aber es ist schön zu sehen, das ein paar Hundert Börsennotierte Betriebe den Frauenanteil erhöhen. Fakt ist – bei uns im Betrieb haben Frauen das sagen – ohne Vorstands oder CEO Gehalt. Solche Frauen gibt es in den meisten von mir bekannten Kleinbetrieben und diesen Frauen wird in der Wirtschaftspresse so gut wie nie ein Kranz gewunden – und die bringen vielmals mehr Opfer als die gut Bezahlten Aushängefrauen. Sie führen meistens nebenbei noch einen Haushalt und sorgen für gut erzogenen Nachwuchs! den wir alle dringend brauchen.

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