Mit der Hitze steigen auch die Fehltage

Person liegt bäuchlings auf dem Bett

Es ist sehr heiß in Deutschland. Vereinzelt klettern die Temperaturen gar auf bis zu 40 Grad. Krankenkassendaten zeigen: Mit den Extremtemperaturen nehmen auch die Krankentage von Beschäftigten zu.

Wer bei diesen Temperaturen im Freien oder in schlecht kühlbaren Räumen arbeitet, ist einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt. Daten aus einer kleinen Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung zeigen nun: Mit der Zunahme von Hitzeperioden und dem zunehmenden Klimawandel steigt auch die Zahl der hitzebedingten Krankheitstage von Beschäftigten.

So nahmen die Arbeitsunfähigkeitstage (AU) auf Grund von “Schäden durch Hitze und Sonnenlicht” in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu und haben sich mindestens vedoppelt. Allerdings schwankt die Zahl der ärztlich bescheinigten Fehltage und ist abhängig davon, wie viele heiße Tage es mit Temperaturen über 30 Grad gegegeben hat. Lag der Anteil der insgesamt von den gesetzlichen Krankenkassen erfassten Krankentage im Jahr 2012 bei 25.650, kletterte diese Zahl im besonders heißen Sommer im Jahr 2018 auf 81.424. Ein Jahr später fielen Beschäftigte fast 74.000 Tage wegen Hitze aus, im Jahr darauf waren es rund 40.500 Tage.

Männer sind dabei stärker gefährdet als Frauen

Ärztinnen und Ärzte stellen mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht nur ein Attest für den Arbeitgeber aus, dass ein Beschäftigter aufgrund einer Krankheit nicht arbeitsfähig ist. Diese Bescheinigung geht mit dem sogenannten ICD-Code auch als Kopie an Krankenkassen. Die Krankenkassen erhalten also immer Kenntnis über die Diagnose. Denn die Abkürzung „ICD” steht für „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems”, eine weltweit gültige Klassifizierung, die von der  Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegt wurde. Auf diese Weise können Krankheiten und Gesundheitsprobleme eindeutig zugeordnet werden. Und so kommt es, dass die Fehltage von Beschäftigten kumuliert auch in der Statistik der gesetzlichen Krankenkassen erfasst sind. Zu den Krankheitsbildern auf Grund von Hitze und Sonnenlicht (ICD-Code T67) zählen etwa Hitzschlag, Hitzekrampf oder auch Erschöpfung aufgrund Wasser- oder Salzverlust.

Wir sind der Wandel-NewsletterMänner sind dabei stärker gefährdet als Frauen. Der Grund ist simpel: Sie arbeiten häufiger als Frauen in körperlich anstrengenden Berufen im Freien – etwa als Bauarbeiter, Dachdecker oder Straßenarbeiter. Aber auch Frauen sind gefährdet, etwa wenn sie als Zustellerinnen beschäftigt sind. In der Erwerbstätigenbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wurde zuletzt im Jahr 2018 erfasst, wie viele Mitarbeitende mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Freien verbringen – hier gaben 12 Prozent der Beschäfigten dies an. 82 Prozent waren Männer, 18 Prozent Frauen.

Kein Recht auf Hitzefrei

Und was kann man tun, um sich vor den Folgen bei Arbeit unter hohen Temperaturen zu schützen? Ein Recht auf Hitzefrei gibt es zwar nicht, Arbeitgeber sind jedoch in der Fürsorgepflicht. Grundsätzlich müssen Arbeitgeber aber erst bei über 30 Grad Außentemperatur tätig werden. Dann greifen Regelungen aus dem Arbeitsschutzrecht und der Arbeitsstättenverordnung. Besondere Pflichten bestehen gegenüber Schwangeren und älteren Beschäftigten und bei Arbeit unter freiem Himmel. Hier werden in der Regel die Arbeitszeiten verlegt, es gibt mehr und längere Pausen, zudem müssen Arbeitgeber für einen Sonnenschutz und so vor direkter Einstrahlung von Sonne sorgen.

Die Linken-Politikerin Susanne Ferschl fordert, dass der Staat und die Behörden die Einhaltung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei zunehmenden Hitzeperioden strenger überwachen. “Zunehmende Hitzeperioden gehören zu den Realitäten des Klimawandels denen sich auch Unternehmen stellen müssen. Der Arbeitsschutz muss an veränderte Realitäten angepasst werden: Längere Erholungspausen, erst Recht um die besonders sonnenintensive Mittagszeit, bessere Schutz-Ausrüstung und kürzere Arbeitszeiten zur Senkung der Belastung”, sagt die Bundestagsabgeordnete. Sie spricht sich auch für Sanktionen aus, wenn Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht vernachslässigen. “Die Gesundheit von Beschäftigten ist ohne Wenn und Aber zu schützen und nicht verhandelbar.”

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.