Mit schwierigen Menschen arbeiten – und gelassen bleiben

Mann zielt mit Banane als Waffe

Schwierige Menschen rauben Energie und Nerven. Wer ihre Muster versteht, gewinnt Gelassenheit – und die Kontrolle über die eigene Wirkung zurück.

Es beginnt oft harmlos: Ein Kollege kritisiert ständig, übernimmt aber nie Verantwortung. Eine Vorgesetzte kontrolliert jedes Detail, schenkt jedoch kein Vertrauen. Ein Mitarbeiter sieht alles negativ – egal, wie konstruktiv man bleibt.

Solche Begegnungen zehren an den Kräften. Sie kosten Zeit, lenken ab, lähmen Teams. Man geht erschöpft nach Hause, ausgelaugt und leer. Schwierige Menschen hinterlassen Spuren – nicht durch Lautstärke, sondern weil sie subtil Energie entziehen.

Das eigentliche Problem liegt tiefer: Viele wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Einlenken? Gegenhalten? Distanz schaffen? Wer nur reagiert, verliert die Kontrolle. Wer versteht, gewinnt sie zurück.

Vom Reiz zur Verantwortung

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtSchwierige Menschen gehören zu jeder Organisation. Man kann ihnen nicht ausweichen, aber man kann entscheiden, wie man mit ihnen umgeht. Der Wendepunkt kommt, wenn man aufhört, sie ändern zu wollen – und stattdessen die eigene Haltung steuert. Denn schwierige Menschen bleiben schwierig. Doch sie verlieren ihre Wirkung, wenn man ihnen den Resonanzraum entzieht.

Das erfordert Verstehen – nicht als Entschuldigung, sondern als Strategie. Schwieriges Verhalten folgt fast immer einem Muster: Kontrolle sichern, Unsicherheit kaschieren, Aufmerksamkeit erzwingen oder Macht demonstrieren. Wer diese Mechanismen durchschaut, kann souverän handeln.

1. Schwierige Menschen erkennen – Muster statt Etiketten
„Schwierig“ ist kein Charakterurteil, sondern ein Beziehungsergebnis. Menschen werden schwierig, wenn ihre Art, mit Unsicherheit umzugehen, andere überfordert.

Typische Dynamiken:
– Aggressive und cholerische Menschen: Laut, impulsiv, verletzend. Sie setzen auf Dominanz, um Kontrolle zu behalten.
– Passive Widerständler: Nach außen zustimmend, im Tun blockierend. Sie vermeiden Verantwortung und scheuen Konflikte.
– Dauer-Negative: Sie sehen in jedem Problem ein Ende, nie einen Anfang. Ihre Haltung lähmt und entmutigt.
– Mikromanager:innen: Kontrollieren jede Entscheidung, misstrauen jedem Prozess. Sie setzen Kontrolle mit Qualität gleich.
– Chamäleons: Anpassungsfähigkeit, aber unberechenbar. Sie sagen, was man hören will, und entziehen sich später der Verantwortung.

Diese Typen sind keine Diagnosen, sondern Orientierungshilfen. Entscheidend ist: Womit löst die Person ihre innere Spannung? Wer das versteht, kann Einfluss nehmen, ohne sich selbst zu verlieren.

2. Aggressive und cholerische Menschen – Ruhe als Macht
Choleriker suchen Eskalation. Sie provozieren, um Kontrolle zu gewinnen. Wer laut reagiert, spielt ihr Spiel. Wer ruhig bleibt, durchbricht es.

Strategien: Entziehen statt entgegnen.
– Distanzieren Sie sich vom Ton, nicht vom Inhalt.
– Bleiben Sie sachlich, sprechen Sie klar.
– Setzen Sie Grenzen: „Ich spreche gern darüber, aber nicht in diesem Ton.“
– Unterbrechen Sie das Muster – notfalls durch räumliche Trennung: „Ich nehme mir kurz Zeit, wir sprechen später weiter.“

Aggressive Menschen verlieren Macht, wenn sie keine emotionale Bühne finden. Die Kontrolle liegt bei dem, der ruhig bleibt.

3. Negative Menschen – Energie steuern statt übernehmen
Dauerhafte Negativität wirkt ansteckend. Sie lenkt den Blick auf Probleme, nicht auf Lösungen. Dagegenzuhalten verstärkt oft nur die Dynamik.

Strategien: Den Fokus verschieben.
– Anerkennen: „Ich sehe ,was Sie kritisch sehen.“
– Umlenken: „Was wäre aus Ihrer Sicht ein gangbarer Weg?“
– Verantwortung zurückgeben: „Wenn Sie das so sehen, was schlagen Sie vor?“

Negativität verliert an Kraft, wenn sie Verantwortung tragen muss. Wichtig: Bewahren Sie Ihre Energie. Nicht missionieren, nicht überzeugen – fokussieren.

4. Passive Widerständler – Verbindlichkeit schaffen
Sie nicken – und handeln nicht. Sie stimmen zu – und blockieren später. Passiv-aggressives Verhalten frustriert, ohne Angriffsfläche zu bieten.

Strategie: Konsequenzen sichtbar machen.
– Halten Sie Vereinbarungen schriftlich fest.
– Formulieren Sie Aufgaben präzise: Wer macht was bis wann?
– Fragen Sie faktenbasiert nach: „Wir hatten vereinbart, dass … Wie ist der Stand?“

Transparenz entzieht der Passivität den Schutz des Ungefähren. Sie zwingt zur Position.


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5. Mikromanager:innen – Vertrauen aufbauen
Mikromanagement entspringt Angst. Die Führungskraft fürchtet, etwas zu übersehen, und verliert gerade dadurch den Überblick.

Strategie: Struktur geben und Sicherheit schaffen.
– Kommunizieren Sie früh und klar.
– Informieren Sie proaktiv, bevor Fragen aufkommen.
– Dokumentieren Sie Fortschritte – nicht zur Rechtfertigung, sondern zur Transparenz.

Je stabiler der Informationsfluss, desto weniger greift der Mikromanager ein. Vertrauen entsteht nicht durch Appelle, sondern durch Nachvollziehbarkeit.

6. Schwierige Vorgesetzte – Grenzen mit Respekt
Schwierige Führungskräfte sind besonders herausfordernd, weil sie Macht besitzen. Wer sich wehrt, riskiert Konsequenzen. Wer schweigt, verliert Selbstachtung.

Strategie: Haltung zeigen, ohne zu konfrontieren.
– Verstehen Sie das Motiv: Kontrolle, Angst, Eitelkeit oder Unsicherheit?
– Reagieren Sie auf das Bedürfnis, nicht auf die Emotion.
– Setzen Sie Grenzen diplomatisch: „Ich übernehme gern Verantwortung, wenn Sie mir den Rahmen dafür geben.“

Ein schwieriger Vorgesetzter braucht Gegenüber, keine Gegner. Haltung wirkt stärker als Widerstand.

7. Die eigene Einstellung – innere Führung übernehmen
Schwierige Menschen zeigen uns unsere Grenzen. Sie sind Spiegel, keine Gegner. Wer das erkennt, schafft Abstand – innerlich wie äußerlich.

Drei Prinzipien schützen die eigene Energie:
– Nicht alles ist persönlich. Schwieriges Verhalten sagt mehr über den anderen als über uns.
– Den Fokus steuern. Wer auf das schaut, was funktioniert, lässt Negativität nicht dominieren.
– Grenzen setzen. Wer Nein sagen kann, bleibt handlungsfähig.

Innere Führung heißt: bewusst entscheiden, was Aufmerksamkeit verdient.

Souveränität als leiser Machtfaktor

Schwierige Menschen verschwinden nicht. Doch ihre Wirkung kann sich ändern. Souveränität bedeutet, die eigene Reaktion zu wählen. Nicht jedes Feuer löschen, nicht jeden Sturm mitreiten.

Gelassenheit ist kein Rückzug, sondern Stärke. Wer mit schwierigen Menschen umgehen kann, führt – auch ohne Führungspositionen. Denn wer sich nicht treiben lässt, gestaltet. Und wer gestaltet, verändert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern die Kultur, in der sie stattfindet.

Stärke beginnt mit Klarheit

Schwierige Menschen sind Prüfsteine. Sie fordern unser Gleichgewicht heraus und zeigen, wie stabil es ist. Sie bringen uns an Grenzen, die wir sonst nicht erkennen würden.

Doch wer in solchen Momenten Haltung bewahrt, gewinnt das, was in modernen Organisationen am seltensten ist: innere Ruhe inmitten äußerer Komplexität. Das ist keine Zufallserscheinung, sondern Führung auf der stillsten, wirksamsten Ebene – der eigenen.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.