Ohne Role Models keine Gender Balance

Ein Schild weist auf Männer und Frauen hin

Role Models können viel bewirken. Dabei müssen sie zu den Themen passen, die kommuniziert werden. Warum Vorbilder im Unternehmen so wichtig sind, weiß Anke van Beekhuis, Expertin für geschlechterausgewogenes Management.

Ein Gastbeitrag von Anke van Beekhuis

„Wir brauchen mehr Role Models“, heißt es seit Jahren, wenn es um Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen geht. Zu Recht: Role Models können viel bewirken etwa Frauen dazu ermutigen, Führungsaufgaben zu übernehmen oder Väter, in Elternzeit zu gehen. Hier ist jedes einzelne Unternehmen gefragt – schon im eigenen Interesse: Zukünftige High Potentials achten auf Role Models, die in der Öffentlichkeit stehen. Ein Unternehmen, das Frauen auf Führungsebene vorzuweisen hat oder Managern ermöglicht, mehr als zwei Vätermonate zu nehmen, das Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger nach der Elternzeit unterstützt und die Vereinbarung von Familie und Karriere fördert, ist für junge Talente ein attraktiver Arbeitgeber. Ein Punkt, der im War for Talents nicht zu unterschätzen ist.

Role Models sind in diesem Sinne nichts anderes als Influencerinnen und Influencer. Sie werben für das Unternehmen, indem sie sich etwa in den sozialen Medien und Diskussionsrunden für ein Thema stark machen oder in MentorInnenprogrammen aktiv sind. Wer aber eignet sich als Role Model?

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Meistens werden die charismatischen, rhetorisch begabten und sympathischen Frauen vom Vorstand ausgewählt, ebenso die selbstbewussten Männer, die sich getraut haben, in Elternzeit zu gehen, oder generell Personen, die andere begeistern können. Doch das ist problematisch! Viel überzeugender können Menschen sein, die nicht perfekt sind und nicht schon alles wissen und können.

Superwoman ist kein Role Model

Wenn eine Person unerreichbar scheint, wird ihr kaum zugehört, geschweige denn nachgeeifert. Gute Role Models haben keine Übung darin, mit einem Headset zu anderen zu sprechen. Sie sind authentische Menschen, die ehrlich, bodenständig und natürlich wirken. Ziel muss daher sein, Menschen zu finden, in denen sich Mitarbeiter/innen wiedererkennen oder die die Sehnsucht wecken, sich weiterzuentwickeln.


Anke van Beekhuis, Gründerin von BEEKHUIS Performance Culture, ist Expertin für geschlechterausgewogenes Management und High Performance Culture. Ihr aktuelles Buch Wettbewerbsvorteil Gender Balance zeigt, wie Unternehmen eine neue wertsteigernde Kultur etablieren können.


Ich erinnere mich an eine Diskussionsrunde, in der eine 60-jährige Landwirtin davon erzählte, wie sie sich von althergebrachten Gedanken und Strukturen befreit und sich gegenüber ihrem Mann emanzipiert hat. Es war eine so schöne und ehrliche Geschichte, die sie auch noch in breitem Dialekt zum Besten gab. Ich hätte sie am liebsten vor lauter Begeisterung umarmt. Und so ging es auch dem Rest des Publikums. Niemand hätte so viel „Wahres“ erzählen können wie diese Frau. Nach der Veranstaltung kamen viele Zuhörer/innen zu ihr, um sich zu bedanken und Mut machen zu lassen („Ich will das erreichen“). Wesentlich war dabei, sie erlebt zu haben.

Wichtig ist, dass es mehr als ein einziges Role Model gibt

Role Models müssen natürlich auch zu den Themen passen, die kommuniziert werden sollen: Frauen in Führung? Führungsmänner in Elternzeit? Aufstiegsmöglichkeiten für High Potentials? Eine neue Führungskultur? Wiedereinsteiger/innen nach der Elternzeit? Familie und Karriere kein Problem? Sind die Themen einmal festgelegt, finden sich auch die Protagonisten leichter. Wichtig ist, dass es mehr als ein einziges Role Model gibt, sonst kann es schnell zu Reaktionen kommen wie: „Schon wieder die“, „Ich kann das alles nicht mehr hören“ oder „Da wird wieder die Quotenfrau vorgeführt“.

Wer also über Role Models nachdenkt, sollte sich fragen: Wen kann die Person mit ihrer Geschichte oder mit ihrem Hintergrund erreichen – und was ist dabei wichtig zu transportieren? Wer selbst als Role Model aktiv werden will, für den ist wichtig zu überlegen: Was will ich wem vermitteln? Persönliche Geschichten und Erlebnisse stehen auf der Sympathieskala in jedem Fall über Erfahrung und Wissen. Nicht mit Superman oder Superwoman können wir uns identifizieren, sondern mit echten Menschen mit Ecken und Kanten.

die Chefin-Redaktion

Unter der Autor:innen-Bezeichnung REDAKTION veröffentlichte „die Chefin – der Blog für Führungsfrauen“ Gastbeiträge sowie Agenturmeldungen. Im August 2020 gingen die Inhalte des Blogs auf die Webseite WIR SIND DER WANDEL über.