Quereinstieg: Mut zum Risiko

Mann mit Aktentasche

Zum Jahresende denken viele Beschäftigte über ihre persönliche und berufliche Zukunft nach. Sie ziehen nicht nur einen Jobwechsel im vertrauten Umfeld in Betracht, sondern erwägen auch den Quereinstieg in eine neue Tätigkeit oder Branche.

Fast jeder zweite Beschäftigte (44 Prozent) hat darüber nachgedacht, jeder Vierte (24 Prozent) hat sich bereits beruflich neu orientiert. Besonders junge Beschäftigte in Deutschland zeigen sich offen für einen Wechsel ihrer beruflichen Perspektive. Die Hälfte der GenZ, die erst seit sieben bis neun Jahren im Arbeitsmarkt aktiv sind, hat einen Quereinstieg in eine andere Branche in Betracht gezogen. Aus Sicht der Personalverantwortlichen bieten Bewerber:innen, die sich beruflich umorientieren wollen, großes Potenzial: Fast zwei Drittel (64 Prozent) gewähren ihnen die gleichen Chancen wie Bewerber:innen mit traditionellem Werdegang. Dies zeigt der repräsentative XING Arbeitsmarktreport 2024, den das Marktforschungsinstitut Appinio im Auftrag des Jobs-Netzwerks unter 2.000 Beschäftigten und 300 Recruitern in Deutschland durch eine Online-Umfrage erstellt hat.

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtInnerhalb der Generationen sind es vor allem die Babyboomer, die ihre Berufswahl nie in Frage gestellt haben: 46 Prozent von ihnen haben nie über einen Quereinstieg nachgedacht; bei der GenZ sind es nur 29 Prozent. Bei denen, die den Schritt tatsächlich gewagt haben, ist der Anteil in der Generation X mit 26 Prozent am höchsten. Doch auch 21 Prozent der GenZ, die noch nicht lange am Arbeitsmarkt sind, haben bereits gewechselt. “Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zunehmend dynamischer und ist sehr viel komplexer geworden. Gleichzeitig bietet er zahlreiche Möglichkeiten wie Remote Work, die frühere Generationen nicht hatten”, sagt Thomas Kindler, Managing Director von XING. “Das führt dazu, dass die Jüngsten am Arbeitsmarkt eher bereit sind, sich auszuprobieren und Dinge in Frage zu stellen.”

Unterschiedliche Motivationen bei Männern und Frauen

Die Gründe für einen Quereinstieg sind vielfältig: Bei denjenigen, die die Branche gewechselt haben, waren finanzielle Vorteile ausschlaggebend (51 Prozent), gefolgt von besserer Jobsicherheit (36 Prozent) und der Ausübung einer sinnvollen Tätigkeit (32 Prozent). Eine bessere Unternehmenskultur, das Erlangen und Einbringen neuer oder bisher ungenutzter Fähigkeiten sowie bessere Karrierechancen waren für jeweils rund ein Viertel wichtig.

Zwischen Männern und Frauen zeigen sich Unterschiede: Während ähnlich viele Frauen wie Männer den beruflichen Neuanfang gewagt haben, denken Männer häufiger darüber nach (Männer 46 Prozent, Frauen 41 Prozent). Der Anteil derjenigen, für die ein Wechsel nicht in Frage kommt, ist bei Männern niedriger als bei den Frauen (Männer 30 Prozent, Frauen 35 Prozent). Obwohl finanzielle Vorteile für beide Geschlechter der Hauptgrund für den Neuanfang sind, sind sie für Männer wichtiger (Männer: 57 Prozent, Frauen: 44 Prozent). Auch das Erlangen und Einbringen neuer Fähigkeiten ist für Männer relevanter als für Frauen (27 Prozent vs. 19 Prozent).

Quereinsteiger stehen hoch im Kurs

Denjenigen, die den Schritt wagen, bieten sich positive Perspektiven: Von den 300 befragten Personalverantwortlichen in deutschen Unternehmen geben fast zwei Drittel (64 Prozent) an, dass sie Quereinsteigern die gleichen Chancen einräumen wie Bewerber:innen mit traditionellem Werdegang; 6 Prozent bevorzugen sie sogar. Nur 3 Prozent berücksichtigen Quereinsteiger generell nicht.


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Personalverantwortliche setzen besonders zur Abfederung des Fachkräftemangels auf Quereinsteiger (50 Prozent), schätzen aber auch deren frische Perspektive (47 Prozent), die Förderung von Vielfalt (45 Prozent) und die Einbringung unterschiedlicher Erfahrungen (43 Prozent). Vielen ist jedoch bewusst, dass Quereinsteiger oft eine längere Einarbeitungszeit benötigen (43 Prozent) und ihnen branchenspezifische Erfahrungen fehlen (30 Prozent). Schlechte Erfahrungen mit Quereinsteigern wegen fehlender Fachkenntnisse haben nur rund ein Drittel (30 Prozent) gemacht; ähnlich viele sehen das Risiko, dass Quereinsteiger nicht gut in die Unternehmenskultur passen (29 Prozent).

Thema Quereinstieg nimmt am Stellenmarkt Fahrt auf

Eine Analyse des XING-Stellenmarktes (Basis: 1 Mio. Jobs, Stand November 2024) zeigt, dass “Quereinsteiger(in)” der am fünfthäufigsten gesuchte Jobtitel ist. Aktuell sind mehr als 53.000 Jobs im XING-Stellenmarkt explizit für Quereinsteiger in DACH ausgeschrieben, davon rund 51.500 in Deutschland. Die Top-5-Branchen sind Konsumgüter/Einzelhandel (rund 16.000 Jobs), Personaldienstleistungen und -beratung (rund 9.000 Jobs), Transport/Logistik (rund 4.500 Jobs), Gesundheit und Soziales (rund 2.400 Jobs) sowie Internet/IT (rund 2.300 Jobs). “Der Beruf, für den man sich früh im Leben entscheidet, muss nicht der für das ganze Leben sein”, sagt Kindler. “Durch einen Quereinstieg eröffnen sich neue Perspektiven für Unternehmen und Talente, wenn sich beide Seiten darauf einlassen. Plattformen wie XING können hier einen entscheidenden Beitrag zur Flexibilisierung der Arbeitswelt leisten.”

Für den XING-Arbeitsmarktreport 2024 befragte Appinio im Juli 2024 insgesamt 3.500 Angestellte im Alter von 18 bis 65 Jahre national repräsentativ für Alter und Geschlecht sowie 600 volljährige Personaler und Recruiter in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz im Rahmen einer Online-Umfrage.

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