Stagnation statt Boom: Kaum KI-Jobs in Deutschland

Mehrere Personen sitzen vereinzelt an Tischen

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsmarkt revolutionieren, doch die Realität hinkt hinterher: Trotz eines Anstiegs der Stellenanzeigen stagniert das Angebot an KI-Jobs seit 2022, und der ländliche Raum bleibt abgehängt.

Künstliche Intelligenz (KI) soll den Arbeitsmarkt revolutionieren – darin herrscht Einigkeit. Doch die Realität sieht anders aus: Unternehmen suchen nur zögerlich nach Fachkräften für KI-Jobs. Seit 2022 stagniert das ohnehin geringe Angebot. Eine Analyse von 60 Millionen Online-Stellenanzeigen aus den Jahren 2019 bis Ende 2024 zeigt: Gesucht wird vor allem in den Ballungsräumen im Süden und Südwesten. Der ländliche Raum bleibt abgehängt. München führt als KI-Hauptstadt.

Stellen für die Entwicklung und Anwendung von KI bleiben rar. Zwar verdoppelte sich die Zahl der Online-Anzeigen zwischen 2019 und 2022 von 97.000 auf 180.000, doch das entsprach nur 1,5 Prozent aller Stellen. Seit 2022 stagniert dieser Anteil, und erste Analysen deuten darauf hin, dass sich der Trend 2025 fortsetzt. Die absolute Zahl der KI-Stellen ist in den letzten zwei Jahren sogar leicht gesunken, wie eine Studie von der Bertelsmann Stiftung und dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Damit folgt das KI-Angebot dem allgemeinen Rückgang der Stellenanzeigen infolge der wirtschaftlichen Schwäche.

Zum Vergleich: Im Boom-Sektor Energiewende stieg der Anteil der Stellen trotz Rezession 2023/24 auf 3,8 Prozent. “Die wirtschaftlichen Chancen von KI werden in Deutschland noch nicht genutzt”, warnt Hannes Ametsreiter, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung. “Wir wissen, dass KI in Deutschland gesamtwirtschaftlich zu einer Produktivitätssteigerung von bis zu 16 Prozent führen kann. Wenn KI in Unternehmen nicht stärker eingesetzt wird, verlieren wir an internationaler Wettbewerbsfähigkeit.”

Unternehmen hinken hinterher

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtAuch die Unternehmen selbst sehen sich als Nachzügler. Laut einer Bitkom-Befragung stufen sich 64 Prozent so ein, 22 Prozent glauben sogar, den Anschluss bereits verloren zu haben. Fast drei Viertel der Betriebe geben an, ihnen fehle das nötige Wissen, um KI einzusetzen.

Die Qualifizierung der Mitarbeitenden bleibt weitgehend ungenutzt. Nur jedes fünfte Unternehmen, das KI einsetzt, schult den Großteil seiner Belegschaft. Fast die Hälfte bietet gar keine Schulungen an. Neue Fachkräfte einzustellen, um Wissenslücken zu schließen, ist ebenfalls selten, wie der Jobmonitor zeigt.

“Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand stellen”, betont Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft. “Dazu braucht es Investitionen in die Kompetenz der Mitarbeitenden, aber auch eine anwendungsorientierte, bürokratiearme Umsetzung der KI-Verordnung, um Unsicherheiten beim Einsatz der Technologie abzubauen.”

München führt, der ländliche Raum bleibt zurück

München ist mit 4,5 Prozent KI-Stellenanteil Spitzenreiter, gefolgt von Karlsruhe (4 Prozent) und dem Landkreis Böblingen. Der Süden und Südwesten, geprägt von Automobilindustrie und Zulieferern, sowie die Rhein-Ruhr-Region und der Großraum Berlin bilden die Schwerpunkte. Auch die umliegenden Kreise profitieren.

Der ländliche Raum hingegen bleibt abgehängt. In der Hälfte aller deutschen Kreise und kreisfreien Städte spielt KI auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Rolle. “Was im ländlichen Raum fehlt, ist eine hochleistungsfähige (FTTH) Glasfaser-Infrastruktur. Wir brauchen große Data-Center und eine leistungsfähige Glasfaseranbindung, um KI überhaupt ausspielen zu können”, kritisiert Ametsreiter.


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Gesucht: Hochqualifizierte Entwickler:innen

Wenn Unternehmen KI-Stellen ausschreiben, suchen sie vor allem Entwickler:innen, nicht Anwender:innen. Spezialist:innen für Machine Learning oder Large Language Models (LLM) stehen im Fokus. Das zeigt, dass KI im Arbeitsalltag der meisten Beschäftigten noch nicht angekommen ist. Über den gesamten Untersuchungszeitraum wurden dreimal so viele Entwickler:innen wie Anwender:innen gesucht.

Die gefragtesten Berufe bei Entwickler:innen sind Informatiker:innen, Software-Entwickler:innen und Medieninformatiker:innen. Bei Anwender:innen dominieren Werbung und Marketing, gefolgt von Vertrieb und Unternehmensberatung. Die Anforderungen sind hoch: Unternehmen suchen ausschließlich bestens ausgebildete Fachkräfte.

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