Teilzeit und sonst erstmal nichts

Junge Leute sitzen auf Bank

Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer wichtiger. So hat sich insbesondere bei den jungen Beschäftigten im Alter bis etwa 35 Jahren ein Wertewandel vollzogen: Statt steiler Karriere, statt Titel, Macht und Geld ist den Jüngeren vor allem eine ausgewogene  Work-Life-Balance wichtig.

Deswegen wollen viele nicht mehr um jeden Preis Karriere bei einem Großunternehmen oder Konzern machen, sondern streben in den Mittelstand. Bei Familienunternehmen hat man als Berufsanfänger gute Chancen, schnell in verantwortungsvolle Positionen zu kommen. Der Weg nach oben dauert nicht so lange und statt Dienstwagen und Super-Gehalt bietet der Mittelstand eher weiche Faktoren, die einen angenehmen Arbeitsplatz ausmachen. So jedenfalls heißt es.

Umso erstaunlicher finde ich die Ergebnisse einer Umfrage des Verbands der Familienunternehmen aus dem Jahr 2012, die mir in dieser Woche in die Hände kam. Der Verband hatte seine Mitglieder nämlich nach deren Instrumente für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf befragt und wollte wissen, was die Familienunternehmen ihren Beschäftigten denn so zu bieten haben? Die Antworten sehen eher mager 79 Prozent der Befragten gaben an, Teilzeit zu bieten. (Was gelinde gesagt, doch selbstverständlich ist. Immerhin gibt es einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, der sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ergibt. Und danach kommt lange Zeit gar nichts. 32 Prozent der Familieunternehmen bieten Mitarbeitern mit Kindern die Möglichkeit, aus dem Home Office zu arbeiten und 30 Prozent haben Vertrauensarbeitszeit eingeführt.

Und wie steht es mit der Vereinbarkeit?

So sollen berufstätige Eltern zeitlich etwas flexibler sein. Gerade einmal 16 Prozent der befragten Firmen im Mittelstand gaben an, dass sie finanzielle Unterstützung für die Kinderbetreuung zahlten und neun Prozent hatten Jobsharing eingeführt, bei dem eine Stelle von mehreren Personen geteilt wird. Das ist insbesondere bei Führungspositionen interessant, erfordert aber ein hohes Maß an Disziplin, Transparenz, guter Organisation und Abstimmung zwischen den Mitarbeitern. Ebenfalls neun Prozent nannten Sabbaticals, die durch Vorarbeiten oder eine Gehaltsreduktion finanziert werden. Und nur ein Prozent hatte einen Betriebskindergarten eingeführt.

Die gute Nachricht ist allerdings: Lediglich sechs Prozent der befragten Familienunternehmen kümmerte sich 2012 gar nicht um das Thema und hatte auch keine besonderen Maßnahmen geschaffen. In der Regel reagierten die Familienunternehmen aber, anders als die Großkonzerne, mit einem Bündel Maßnahmen, die auf den individuellen Fall abgestimmt sind.

Ich glaube ja, dass künftig Betriebskindergärten sowie finanzielle Zuschüsse zur Betreuung stärker zunehmen werden. Mal sehen, wie die Umfrage in einigen Jahren aussehen wird.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.