Junge Menschen in Deutschland zeigen Interesse an der Gründung eines Unternehmens, doch nur wenige setzen diesen Schritt tatsächlich um. Welche Barrieren behindern sie?
In der jungen Generation steckt Potenzial für mehr Gründungsaktivität in Deutschland. Damit aus Gründungswilligen tatsächlich Jungunternehmer:innen werden, müssen die größten Barrieren fallen. Unsicherheit, Stress und fehlendes Wissen hindern viele junge Menschen daran, ein Unternehmen zu gründen. Um dies zu ändern, sollten wir unternehmerisches Denken und Handeln früher fördern.
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Ein eigenes Unternehmen zu gründen, können sich 40 Prozent der jungen Menschen in Deutschland vorstellen. Das zeigte eine repräsentative Umfrage von 14- bis 25- Jährigen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Elf Prozent planen eine Gründung fest ein, 29 Prozent sind noch unsicher. Ein Drittel der Befragten kann sich eine Rolle als Gründer:in momentan nicht vorstellen, schließt die Möglichkeit aber nicht aus. Rund ein Viertel gibt an, dass die Gründung eines Unternehmens für sie keine Option darstellt.
„Das Potenzial für junges Unternehmertum wird noch zu selten gehoben“
Die Befragungsdaten zeigen, dass die Gründungsbereitschaft je nach Geschlecht, Wohnort und Alter variiert. Männliche Jugendliche planen den Weg als Unternehmer eher ein als weibliche Jugendliche (14 Prozent gegenüber 9 Prozent). Befragte aus Großstädten zeigen mehr Interesse an einer Gründung als jene aus Orten mit maximal 5.000 Einwohner:innen. Ältere Befragte schließen eine Gründung häufiger aus als jüngere.
„Fast jeder zweite junge Mensch bringt Interesse an der Gründung eines Unternehmens mit. Das ist zunächst eine gute Nachricht. Allerdings gehen viel weniger von ihnen diesen Schritt und gründen auch tatsächlich“, sagt Tobias Bürger, Experte der Bertelsmann Stiftung für Jugend und Wirtschaft. Laut Global Entrepreneurship Monitor 2023 gründet in Deutschland nur knapp jede und jeder Sechste zwischen 18 und 24 Jahren ein Unternehmen. „Das Potenzial für junges Unternehmertum in Deutschland wird noch zu selten gehoben. Daher müssen wir die Hürden besser erkennen und abbauen, die junge Menschen am Gründen hindern“, so Bürger.
Mehr Kompetenzen, bessere Kultur, effektivere Rahmenbedingungen
Bei Befragten, die sich nicht vorstellen können zu gründen, führt dies rund jede und jeder Vierte auf fehlendes Zutrauen in die eigenen Kompetenzen und die damit verbundene Unsicherheit zurück. Jede und jeder Fünfte zweifelt daran, über das nötige Wissen zu verfügen. Etwa jede und jeder Sechste sorgt sich, dem mit einer Gründung einhergehenden Stress nicht gewachsen zu sein. Mangelndes Kapital oder fehlende Geschäftspartner:innen spielen für gründungsinteressierte jungen Menschen hingegen kaum eine Rolle.
Ausgehend von diesen Erkenntnissen empfehlen die Expert:innen der Bertelsmann Stiftung folgende Maßnahmen:
- Erstens sollten wir schon während der Schulzeit unternehmerisches Denken und Handeln stärker fördern und relevante Kompetenzen und Wissen für eine Gründung vermitteln. Dafür bieten sich bedarfsorientierte Bildungs- und Trainingsinhalte, wie Workshops und Schülerfirmen, außerhalb der Schule an. Spezielle Angebote zum Aufbau von Resilienz würden helfen, junge Menschen im Umgang mit Stress zu stärken.
- Zweitens braucht es eine gründungsfreundlichere Kultur. Netzwerken, vor allem in ländlichen Regionen, für Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und junge Menschen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Öffentlichkeit und Medien sollten die Vielfalt von Gründer:innen sichtbarer machen, um das Stereotyp des männlichen, weißen Gründers mittleren Alters aufzubrechen. Ebenso ist es hilfreich, mehr Beispiele für sozial und ökologisch verantwortungsvoll handelnde Unternehmen ins Bewusstsein zu rücken und damit ein positiveres Bild vom Unternehmertum zu erzeugen.
- Drittens gilt es, die politischen Rahmenbedingungen zu verbessern. Verwaltungsprozesse sollten beschleunigt und Bewerbungsverfahren für Förderprogramme vereinfacht werden. Zudem muss wir Informationsmaterialien übers Gründen zielgruppengerechter an junge Menschen bringen, vor allem über Social-Media-Kanäle. Ein leichterer Zugang zu Startkapital wäre ebenfalls hilfreich für Jungunternehmer:innen. Mehr Gründungsstipendien, günstigere Kredite sowie auf junge Menschen spezialisierte Gründerfonds können dazu beitragen.
Für die Studie wurden in Deutschland zwischen dem 2. und 30. Juni 2023 sowie zwischen dem 23. Februar und 24. März 2024 insgesamt 1.694 junge Menschen im Alter von 14 bis 25 Jahren befragt. Die Stichprobe ist nach Alter und Schulbesuch bzw. -abschluss gewichtet. Die repräsentative Onlinebefragung mit 1.532 Teilnehmenden wurde um Face-to-Face-Interviews mit 162 Hauptschüler:innen mittels standardisiertem Fragebogen ergänzt.