Wer tariflich abgesichert ist, erhält meist Weihnachtsgeld. In Westdeutschland, bei Männern und Vollzeitkräften fließt es häufiger – bis zu 4.200 Euro sind drin.
Alle Jahre wieder: Mit dem Weihnachtsfest rückt auch das Weihnachtsgeld näher. Für gut die Hälfte der Beschäftigten (51 Prozent) bedeutet das eine Sonderzahlung zusätzlich zum Gehalt, meist schon im November. Manche Arbeitgeber zahlen freiwillig oder aus Tradition. Das macht einen großen Unterschied: In tarifgebundenen Betrieben erhalten 77 Prozent der Beschäftigten Weihnachtsgeld, ohne Tarifvertrag sind es nur 41 Prozent. Das ergab eine Umfrage unter 58.000 Beschäftigten, durchgeführt von Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.
Die Umfrage zeigt auch: Männer (54 Prozent) bekommen etwas häufiger Weihnachtsgeld als Frauen (48 Prozent). Beschäftigte in Westdeutschland (53 Prozent) haben bessere Chancen auf die Sonderzahlung als jene in Ostdeutschland (41 Prozent). Geringfügige Unterschiede gibt es zudem zwischen unbefristet (52 Prozent) und befristet Beschäftigten (48 Prozent) sowie zwischen Vollzeitkräften (53 Prozent) und Teilzeitkräften (46 Prozent). Entscheidend bleibt jedoch die Tarifbindung des Arbeitgebers.
Tarifverträge lohnen sich –nicht nur zu Weihnachten
„Auch die Grundgehälter sind mit Tarifvertrag in aller Regel höher – das Weihnachtsgeld ist ein echtes Extra, das nicht an anderer Stelle wieder abgezwackt wird“, sagt Dr. Malte Lübker, Gehaltsexperte am WSI. „Tarifverträge lohnen sich für die Beschäftigten nicht nur zu Weihnachten, sondern das ganze Jahr über.“
Doch die Tarifbindung nimmt ab: Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten 2024 nur noch 49 Prozent der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben, 2000 waren es noch 68 Prozent. Gründe sind das Ausscheren etablierter Unternehmen, wie zuletzt Adidas, und die Strategie vieler Neugründungen, Tarifverträge zu vermeiden. „Einen Tarifvertrag durchzusetzen, erfordert meist einen langen Atem – und setzt voraus, dass Belegschaft und Gewerkschaft gemeinsam dafür kämpfen“, betont Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI. „Umso wichtiger ist, dass die Politik Tarifbindung unterstützt und nicht unterminiert, wie das lange Zeit durch eine Vergabe öffentlicher Aufträge einfach nach dem billigsten Angebot ging. Das Bundestariftreuegesetz ist dafür ein wichtiger Baustein.“
Tarifliche Ansprüche reichen von 250 Euro bis über 4.200 Euro
Die Höhe des tariflichen Weihnachtsgeldes variiert stark zwischen den Branchen. In mittleren Entgeltgruppen reicht es von 250 Euro in der bayerischen Landwirtschaft bis zu 4.235 Euro in der Chemischen Industrie Nordrhein. Hohe Beträge zahlen auch die Energieversorgung Nordrhein-Westfalen (4.113 Euro), die Süßwarenindustrie Baden-Württemberg (3.900 Euro) und die Textilindustrie Westfalen und Osnabrück (3.751 Euro). Beschäftigte im Privaten Bankgewerbe (3.719 Euro) und bei der Deutschen Bahn (3.399 Euro) können sich ebenfalls über ein großzügiges Extra freuen. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs von 23 größeren Branchen.
In den meisten Branchen wird das Weihnachtsgeld als Prozentsatz des Monatsentgelts berechnet. Wo für 2025 höhere Tarifentgelte vereinbart wurden, stieg auch das Weihnachtsgeld. Deutliche Zuwächse gab es etwa im Gastgewerbe Bayern (+9,6 Prozent), bei der Deutschen Bahn (+9,0 Prozent) und in der Süßwarenindustrie Baden-Württemberg (+7,6 Prozent).
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Ost-West-Unterschiede beim Weihnachtsgeld
Ein klassisches 13. Monatsentgelt – 100 Prozent eines Monatsentgelts – zahlen die Chemische Industrie, Teile der Energiewirtschaft, die Süßwarenindustrie, die Deutsche Bahn, das Private Bankgewerbe sowie westdeutsche Tarifregionen der Textilindustrie und des privaten Verkehrsgewerbes. In der Eisen- und Stahlindustrie sind es sogar 110 Prozent, da Weihnachts- und Urlaubsgeld hier zu einer Jahressonderzahlung zusammengelegt wurden. Auch im Öffentlichen Dienst gibt es eine einheitliche Jahressonderzahlung, die je nach Vergütungsgruppe 52 bis 85 Prozent des Monatsentgelts beträgt.
Da Tarifverträge oft regional ausgehandelt werden, gib es Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. In manchen Branchen liegen die Sonderzahlungen im Westen mehrere hundert Euro, teils über tausend Euro, höher. Eine Ausnahme ist die Landwirtschaft: In Mecklenburg-Vorpommern beträgt das Weihnachtsgeld 275 Euro, in Bayern 250 Euro. Keine Ost-West-Unterschiede gibt es in bundesweit gültigen Tarifverträgen, etwa im Privaten Bankgewerbe, im Versicherungsgewerbe, im Öffentlichen Dienst und bei der Deutschen Bahn.
Kein Weihnachtsgeld in Gebäudereinigung und Floristik
In den meisten Tarifbranchen gibt es Weihnachtsgeld oder eine vergleichbare Sonderzahlung. Ausnahmen sin das Gebäudereinigungshandwerk und die Floristik. Auch im ostdeutschen Bewachungsgewerbe fehlt die Sonderzahlung, während sie in einigen westdeutschen Regionen erst nach mehreren Berufsjahren gewährt wird.
Die Daten zur Häufigkeit von Weihnachtsgeld basieren auf den Angaben von 58.119 Beschäftigten mit mehr als einem Jahr Berufserfahrung, die zwischen Oktober 2024 und September 2025 an der Online-Umfrage von Lohnspiegel.de teilnahmen. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, liefert aber dank der hohen Teilnehmerzahl detaillierte Einblicke.
Eine Analyse des Statistische Bundesamts kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass 85 Prozent der Tarifbeschäftigten Weihnachtsgeld erhalten. Die Differenz zur WSI-Auswertung liegt an unterschiedlichen Erhebungsmethoden. Während Lohnspiegel.de Beschäftigte direkt befragt, wertet das Statistische Bundesamt Tarifverträge aus und berücksichtigt alle Sonderzahlungen im November und Dezember.

