Viele Beschäftigte bleiben im Urlaub erreichbar – aus Angst, Pflichtgefühl oder Gewohnheit. Doch diese ständige Verfügbarkeit schadet der Gesundheit. Was Führungskräfte anders machen müssen.
Urlaub bedeutet mehr als Sonne und Palmen – auch Berge, Schnee und andere Kulissen locken. Egal, wo wir sind oder was wir tun: Im Urlaub sollten alle Verpflichtungen ruhen, vor allem die beruflichen. So die Theorie. Doch manche Arbeitgeber sehen das offenbar anders. Wie sonst lassen sich die Anrufe und Nachrichten erklären, die immer mehr Beschäftigte erreichen – selbst fernab des Büros? Eine Studie von Protime und YouGov zeigt: Der Druck, ständig erreichbar zu sein, wächst und wird zunehmend zur Belastung.
Führungskräfte setzen falsche Signale
Über 40 Prozent der Befragten sehen in permanenter Erreichbarkeit ein Risiko für Stress oder Burnout. Besonders betroffen: Frauen und Führungskräfte. Während 60 Prozent der Manager:innen auch außerhalb der Arbeitszeit auf E-Mails oder Anrufe reagieren, tun dies in nicht-leitenden Positionen nur 33 Prozent. Frauen fällt es zudem schwerer, ihre Freizeit zu genießen: 45 Prozent fühlen sich durch Erreichbarkeit belastet, bei Männern sind es 37 Prozent.
Auffällig ist, dass trotz digitaler Tools wie Microsoft Teams oder Slack das Telefon dominiert. 56 Prozent der Befragten berichten, dass Vorgesetzte am häufigsten zum Hörer greifen, wenn sie außerhalb der Arbeitszeit etwas wollen. 47 Prozent erhalten Nachrichten über Kanäle wie WhatsApp oder Teams – oft sogar im Urlaub. Rund 39 Prozent berichten, dass dienstliche Nachrichten auch während der Erholungszeit nicht abreißen.
Das Recht auf Unerreichbarkeit gewinnt an Bedeutung
Warum bleiben viele erreichbar? Die Gründe sind vielfältig: 14 Prozent antworten aus Angst, 64 Prozent wegen gefühlter Dringlichkeit, 45 Prozent aus Engagement. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Generationen. 32 Prozent der Gen Z reagieren, um Vorgesetzte nicht zu enttäuschen. Bei Millennials steht mit 41 Prozent das persönliche Engagement im Vordergrund, während 70 Prozent der Gen X vor allem bei Dringlichkeit reagieren. Babyboomer antworten zu 51 Prozent aus Eigeninitiative – ohne äußeren Druck.
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Die Folgen ständiger Erreichbarkeit sind spürbar. In der Gen Z sehen 47 Prozent einen klaren Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen, weitere 39 Prozent zumindest teilweise. Nur 12 Prozent verneinen ihn. Je jünger die Generation, desto lauter der Ruf nach klaren Regeln: 72 Prozent der Gen Z und Millennials fordern ein gesetzliches Recht auf Unerreichbarkeit. Auch 65 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer stimmen zu. In Großstädten wie Berlin oder Hamburg liegt die Zustimmung bei 67 Prozent.
„Zeiterfassung schafft Transparenz“
Für Protime-CEO Gille Sebrechts ist die Botschaft klar: „Die Zahlen zeigen deutlich, dass viele Beschäftigte sich unter Druck gesetzt fühlen, auch nach Feierabend oder im Urlaub erreichbar zu sein. Umso wichtiger ist es deshalb, dass Führungskräfte darauf achten, ihren Mitarbeitenden einen erholsamen Feierabend zu gewähren und den Urlaub oder die Freizeit zu respektieren. Zeiterfassung bietet in diesem Zusammenhang einen wichtigen Anhaltspunkt, um Grenzen sichtbar zu machen und einzuhalten. Sie schafft Transparenz darüber, wann die Arbeitszeit endet – und wann Erholung beginnt. Mit ihr können Führungskräfte das Signal setzen, dass echte Pausen nicht nur erlaubt, sondern gewünscht sind. So dient die Zeiterfassung nicht der Kontrolle, sondern dem Schutz der Mitarbeitenden. Und vielleicht künftig auch dem Selbstschutz der Führungskräfte?“