Wie sexy darf die Chefin sein?

Frau hält Plastikband mit Schriftzug Caution

Ein Foto von Yahoo-Chefin Marissa Mayer in der Septemberausgabe des Vogue-Magazine sorgt in den USA derzeit für Aufsehen. Hier zeigt sich die Managerin in einem blauen edlen Kleid, fotografiert von oben.

Sie liegt auf einer Chaiselongue, trägt einen tiefroten Lippenstift. Mit der einen Hand durchstreift sie ihr langes blondes Haar, in der anderen Hand hält sie ein Tablet. Das Bild gehört zu einem Portrait über die Managerin, in dem es auch um ihren Modestil geht.

Die kritischen und empörten Reaktionen auf Foto und Bericht folgten prompt, berichtet Sueddeutsche.de. Unseriös, zu sexy, das gehöre sich nicht für eine Führungsfrau, so der Tenor. Erst bekam sie hochschwanger diesen Top-Job, jetzt sorgt sie mit sexy Fotos für Aufsehen. Aber was genau ist an dem Bild eigentlich sexy? Mayers Kleid reicht bis zum Knie. Es ist hochaufgeschossen. Sie zeigt kein bisschen Dekolleté. Die Vogue ist ein Modemagazin mit einer eigenen Bildsprache. Sicher. Frauen (wie auch Männer) werden hier ästhetisch ansprechend präsentiert. Mit sexy Fotos hat das an und für sich aber eher weniger zu tun. Mayer ist nicht Objekt in diesem Bild. Sie ist handelnde Akteurin. Und sie ist eine sehr schöne Frau.

Die Empörung ist nicht nur ein Problem der prüden Amerikaner

Sie zeigt, wie schwierig es für Managerinnen noch immer ist, Frausein und Klischeevorstellungen darüber, wie EntscheiderInnen zu sein haben, zu vereinbaren. Frauen irritieren offenbar noch immer. Allzuoft steht ihr Aussehen mehr im Fokus als ihre Leistungen. Ich denke hier auch an die Debatten über das Aussehen von Angela Merkel. Die Empörung, als sie 2008 zur Eröffnung der neuen Oper in Oslo ein Kleid mit tiefen Ausschnitt trug. Darf die Kanzlerin Brüste zeigen?

Mayer zeigt gar nichts. Aber sie spielt mit ihrem Frausein offensiv. Sie versteckt nicht, dass sie eine Frau ist. Damit bricht sie bewusst Tabus. Und das ist gut so. Eine Managerin darf auch sexy sein. Sie muss es aber auch nicht. Am Ende kommt es auf ihre Arbeit an. Und darauf, dass sie eine gute Chefin ist. Das Gleiche gilt auch für Manager. Schöne Fotos der Entscheider dieser Welt in Modezeitschriften – das wäre doch mal nett. Ich fürchte allerdings, dass all die vielen alten Männer optisch nicht so viel hergeben. Übrigens geht es in dem Artikel auch um Mode im Büro. Für beide Geschlechter kann es sich lohnen, hier neben Anzug- und Kostüm-Uniformen ein wenig mehr zu experimentieren.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.

Kommentare

  • Das ist ein Problem, dass ich gerade in Deutschland oft bemerke. Feminismus und offen gelebte weibliche Sexualität und Sinnlichkeit unter einen Hut zu kriegen, finden viele Leute Widersprüchlich. Dabei ist alles im Leben eines Menschen teil der Selbstbestimmung, ob Abreit, Körper, Sex, etc. Gerade die Freiheit der weiblichen Sexualität macht den Männern Angst.

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