Wirtschaft verschenkt Potential der Frauen

Frau mit Handy in der Hand

Es gibt zwar immer mehr hervorragend ausgebildete Frauen, aber der Anteil von Frauen in Führungspositionen stagniert oder sinkt sogar leicht! Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Boston Consulting Group (BCG), die am 18. Dezember 2015 erschienen ist.

Demnach stieg der Anteil der Hochschulabsolventinnen zwischen 1994 und 2014 auf 51 Prozent an – mehr Frauen als Männer haben damit einen akademischen Abschluss. Aber der Anteil von Frauen in Führungspositionen erreicht in den meisten Branchen nicht einmal 30 Prozent. Nach Schätzungen von BCG könnte die Arbeitskräftelücke um 35 Prozent verringert werden – wenn Frauen gleichberechtigte Chancen auf dem Arbeitsmarkt fänden.

200 Milliarden Euro Wertschöpfung gehen verloren

Nach wie vor wird es besonders für Mütter schwer. Immer noch kommen dreimal so viele Frauen ohne Nachwuchs in eine Spitzenposition als Frauen, die sich für Kinder entschieden haben. Und immer noch sind Hausarbeit und Kindererziehung vor allem Frauensache. Die BCG-Studie spricht von einer “lebenlangen Babypause”, denn immer noch kehrt ein Großteil der Frauen nach der Familienphase nicht mehr in Vollzeit in das Berufsleben zurück. Damit fehlt der Wirtschaft jedoch ein erheblicher Teil der Bruttowertschöpfung. Laut der Studie könnten weibliche Arbeitskräfte rund 200 Milliarden Euro zusätzlich zur Wertschöpfung hierzulande beitragen! Wie das?

Zum einen lässt sich immer noch die Frauenerwerbsquote erhöhen, der größte Schlüssel liegt aber in der enormen Teilzeitquote der Frauen – würde man hier erreichen, dass mehr Frauen Vollzeit arbeiten, würde die Wirtschaft ein ordentliches Wachstum erleben. Und dann fehlen Frauen immer noch in den MINT-Bereichen – also jenen Berufen, die etwas mit Mathematik, Ingenieurs- oder Naturwissenschaften sowie Technik zu tun haben. Diese Berufe gibt es besonders in den sehr produktiven Branchen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.

Kommentare

  • Ich finde, dass dies der falsche Ansatz ist. Mütter müssen nicht zwingend in Vollzeit zurück in den Beruf. Diese Positionen stünden ihnen ja durchaus offen. Problematisch sehe ich eher, dass Frauen (bzw betrifft das auch Männer) keine qualifizierten alternativen Job-Modelle offen stehen, z.B. Führungspositionen in Teilzeit oder 30h oder Job-Sharing-Modelle. Anspruchsvolle Tätigkeiten (nicht nur Führungspositionen) sind immer noch zwingend an volle Verfügbarkeit geknüpft – hier muss m.E. ein Umdenken stattfinden.

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