Frauenanteil in Aufsichtsräten steigt, aber sinkt in Vorständen

Schattenspiele mit Menschen vor Skylines

Heute gab es die neuen Zahlen: Der Verein Frauen in die Aufsichtsräte (FidAr) hat im Auftrag des Bundesfamilienministeriums den neuesten Women-on-Board-Index (WoB-Index) herausgegeben.

Demnach ist fast jeder fünfte Aufsichtsrat bei den börsennotierten Unternehmen mittlerweile eine Frau. Dagegen sank der Anteil der Frauen auf Vorstandsebene erneut – auf nicht einmal fünf Prozent.

Der Index erfasst, wie hoch der Frauenanteil in den Aufsichtsräten und Vorständen der 160 börsennotierten Unternehmen ist. Neu außerdem: Der WoB-100-Index, der den Führungsfrauenanteil in den derzeit 101 voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen erfasst. Und der Public-WoB-Index, aus dem der Anteil von Mangerinnen bei den 375 wichtigsten Unternehmen der öffentlichen Hand hervorgeht.

Hier liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten nur unwesentlich höher als in der Privatwirtschaft: 26,5 Prozent der Posten in den Kontrollgremien haben Managerinnen inne. In den Top-Managementpositionen bei den öffentlichen Unternehmen sind es nur 15,5 Prozent. Zählt man Kontrollgremien und Vorstände zusammen, ist jede fünfte Führungskraft weiblich.

Bei den 101 börsennotierten, voll mitbestimmungspflichtigen Konzernen in Deutschland finden sich derzeit 22,1 Prozent Frauen in den Kontrollgremien. In den Vorständen sind nur 4,8 Prozent Frauen vertreten. Fasst man die Spitzenmanagementpositionen in diesem Index zusammen, beträgt der Anteil von Führungsfrauen 13,5 Prozent. 24 der 101 Unternehmen erfüllen bereits die Quotenvorgaben.

Und bei den 160 börsennotierten Unternehmen liegt der Frauenanteil bei 19,6 Prozent – das ist gegenüber 2011 eine Verbesserung um fast zehn Prozent. In den Vorständen dieser 160 Unternehmen sitzen 5,4 Prozent Frauen, seit 2011 eine Verbesserung von zwei Prozent. Kumuliert beträgt der Führungsfrauenanteil in den 160 an der Börse gelisteten Unternehmen damit 12,5 Prozent.

Kritik an frauenfreien Unternehmensspitzen

Am 1. Mai ist das im März nach langer Debatte beschlossene Gesetz für die Frauenquote in Kraft getreten. Es sieht eine verbindliche Quote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte der voll mitbestimmungspflichtigen Börsenunternehmen vor und überlässt es den Konzernen, sich eigene Zielvorgaben für die Vorstände und die darunter liegenden Führungsebenen zu setzen. Zugleich sieht das Gesetz auch für Unternehmen mit Bundesbeteiligung die Quote vor.

Harsche Kritik haben sowohl Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) als auch FidAr-Präsidentin Monika Schulz-Strelow bei der Pressekonferenz an dem Konzern Fresenius geübt – wieder einmal, wie jedes Jahr. Bei Fresenius sind zwar zwei Drittel der Beschäftigten weiblich, aber das Unternehmen bleibt an der Spitze komplett frauenfrei. Ein “unfaires Signal an die Mitarbeiterinnen” nannte dies die Ministerin, Schulz-Strelow, bekannt für ihre drastische Art, fand noch deutlichere Worte.

Mein genereller Eindruck von der Pressekonferenz: Schwesig und Schulz-Strelow scheinen ein Powerteam für mehr Führungsfrauen zu sein. Versteckte Kritik übte die Ministerin auch an ihrer Vorgängerin Kristina Schröder (CDU). Dass der Führungsfrauenanteil bei den öffentlichen Unternehmen bislang so gering sei, habe auch damit zu tun, dass das Thema in der Politik bisher nicht ernst genommen wurde, so Schwesig. Erst auf ihren wiederholten Nachdruck wurden beispielsweise bei der Deutschen Bahn nun sechs Frauen in den 20-köpfigen Aufsichtsrat berufen. Gute Frau, diese Ministerin!

Ich bin schon jetzt auf den WoB 2016  gespannt, immerhin gilt ab dem 1. Januar dann die Quote bei der Neubesetzung der Kontrollgremien.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.