Miesmacher im Unternehmen

Dampf aus den Ohren einer Frau

Destruktive Kolleg:innen können die Teamdynamik erheblich belasten – doch wie können Führungskräfte souverän und effektiv mit diesen Miesmachern umgehen?

In vielen Unternehmen gibt es sie: Kolleg:innen, die ständig nörgeln, zermürbende Kritik üben und eine negative Haltung zeigen. Ihr Verhalten ist selten offen aggressiv, wirkt aber wie schleichendes Gift auf die Teamstimmung. Sie blockieren Veränderungen, untergraben Motivation und belasten nicht nur den Arbeitskontext, sondern auch übergreifende Prozesse. Der Umgang mit diesen „Miesmachern“ stellt Führungskräfte vor Herausforderungen – denn zwischen konstruktiver Kritik und destruktivem Verhalten verläuft eine feine Linie.

Entscheidend ist: Nicht jede kritische Stimme ist ein Problem. Oft stecken hinter negativem Verhalten tiefere Ursachen wie Enttäuschung, mangelnde Wertschätzung oder Missverständnisse. Ein vorschnelles Urteil wäre fehl am Platz. Vielmehr sind Differenzierungsfähigkeit, Fingerspitzengefühl und eine konsequente Haltung gefragt.

Führungskräfte sollten Haltung zeigen

Irrtümer und Mythen rund ums ArbeitsrechtDer erste Schritt im Umgang mit Miesmachern ist Zuhören. Führungskräfte sollten die Hintergründe für negatives Verhalten ergründen, bevor sie reagieren. In persönlichen Gesprächen lassen sich oft Ursachen wie Überforderung, Unklarheiten oder enttäuschte Erwartungen identifizieren. Wenn destruktive Äußerungen in Meetings zunehmen oder das Teamklima kippt, ist ein Vier-Augen-Gespräch sinnvoll, um zwischen schlecht formulierter Kritik und systematischem Störverhalten zu unterscheiden.

Zeigt sich, dass das Verhalten langfristig schädlich wirkt und kaum Veränderungsbereitschaft besteht, braucht es Klarheit. Führungskräfte sollten Haltung zeigen, ohne in Konfrontation zu verfallen. Es geht nicht darum, die Person zu verurteilen, sondern das Verhalten und dessen Wirkung zu benennen. Eine klare, aber wertschätzende Sprache hilft, etwa: „Mir ist aufgefallen, dass viele Aussagen sehr negativ sind, ohne konkrete Vorschläge. Das wirkt sich auf das Team aus. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam lösungsorientierter denken.“

Eine gesunde Teamkultur macht es Miesmachern schwer

Ein zentrales Element im Umgang mit Miesmachern ist Verantwortung. Wer sich hinter pauschaler Kritik versteckt oder mit Aussagen wie „Das bringt ja sowieso nichts“ die eigene Ohnmacht kultiviert, sollte in die Pflicht genommen werden. Führungskräfte müssen die Verantwortung für Lösungen zurückzugeben. Fragen wie „Was wäre dein konkreter Vorschlag?“ oder „Wie würdest du es anders machen?“ laden zur aktiven Mitgestaltung ein und entlarven, ob es sich um ernsthaftes Engagement oder destruktiven Widerstand handelt.

Gleichzeitig spielt die Teamdynamik eine entscheidende Rolle. In stabilen, wertschätzenden Teams fällt destruktives Verhalten stärker auf und wird oft sozial reguliert. Wenn gegenseitiges Vertrauen, gemeinsame Ziele und eine offene Feedbackkultur etabliert sind, können viele Spannungen intern aufgefangen werden, bevor sie eskalieren. Eine gesunde Teamkultur macht es Miesmachern schwer, dauerhaften Einfluss zu gewinnen.


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Negativität ist ansteckend, Motivation ein knappes Gut

Doch was, wenn alle Gespräche und Angebote zur Veränderung ins Leere laufen? Wenn das Verhalten eines Einzelnen dauerhaft das Klima vergiftet und die Leistungsfähigkeit des Teams einschränkt? Dann muss Führung bereit sein, klare Konsequenzen zu ziehen. Das kann in Form eines Rollenwechsels, gezielter Entwicklungsmaßnahmen oder – im äußersten Fall – einer Trennung erfolgen. Der Schutz des Teams und der Kultur wiegt in solchen Fällen schwerer als die Rücksicht auf Einzelinteressen. Ein destruktiver Mitarbeitender kann in wenigen Monaten mehr Schaden anrichten als es eine entschlossene, wenn auch schwierige Entscheidung in der Führung.

Hinter all dem steht ein klares Ziel: Die Stärkung der Teamkultur, der psychologischen Sicherheit und der langfristigen Leistungsfähigkeit. Wer das Vertrauen im Team sichern, Zusammenarbeit fördern und Raum für kritische, aber konstruktive Stimmen bieten will, muss Destruktivität Grenzen setzen. Kritik darf und soll geäußert werden – aber sie muss einen lösungsorientierten Kern haben.

Dabei gilt: Negativität ist ansteckend, Motivation hingegen ein knappes Gut. Führungskräfte müssen diese Motivation schützen, indem sie wachsam bleiben, Gespräche suchen und – wenn nötig – handeln. Frühzeitiges Ansprechen von Spannungen verhindert Eskalationen, schafft Orientierung und gibt dem betroffenen Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Reflexion und Entwicklung. Je länger destruktives Verhalten unbeachtet bleibt, desto tiefer gräbt es sich ins System ein.

Teamkultur ist kein Zufallsprodukt

Letztlich ist Teamkultur kein Zufallsprodukt. Sie entsteht durch Haltung, Kommunikation und Konsequenz. Führung bedeutet hier nicht nur, Prozesse zu steuern, sondern auch emotionale und soziale Räume zu gestalten. Wer diesen Auftrag ernst nimmt, bietet nicht nur Schutz für das Team, sondern auch einen klaren Rahmen für Entwicklung – auch für diejenigen, die zunächst als Miesmacher erscheinen.

Der konstruktive Umgang mit destruktiven Stimmen erfordert Mut, Klarheit und systematisches Handeln. Doch er lohnt sich. Denn Teams, die sich aufeinander verlassen können und eine offene, aber wertschätzende Gesprächskultur pflegen, sind nicht nur leistungsfähiger – sie sind auch resilienter gegenüber internen Spannungen und externen Veränderungen. Wer als Führungskraft diese Resilienz aktiv fördert, investiert in die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens.

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Sabine Hockling

Die Chefredakteurin Sabine Hockling hat WIR SIND DER WANDEL ins Leben gerufen. Die Wirtschaftsjournalistin und SPIEGEL-Bestsellerautorin beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Veränderungen unserer Arbeitswelt. Als Autorin, Herausgeberin und Ghostwriterin veröffentlicht sie regelmäßig Sachbücher – seit 2023 in dem von ihr gegründeten DIE RATGEBER VERLAG.