Narzissmus + Demut = gute Führung

Gruppe von Personen

Narzissten sind in Führungspositionen überrepräsentiert. Das wurde bereits in verschiedenen Studien belegt. Denn um ganz nach oben zu kommen, braucht man ein gewisses Selbstbewusstsein und die Eigeneinschätzung, einer Rolle als Anführer auch gewachsen zu sein. Kein Wunder, dass viele Führungskräfte daher selbstverliebt sind.

Dass diese Eigenschaft allerdings auch tatsächlich gut für den Erfolg als Führungskraft ist, belegt nun eine neue Studie der Brigham Young University, über die Wirtschaftspsychologie aktuell berichtet. Aber es kommt auf die Dosis an.

Demnach haben leicht narzisstische Chefs die engagiertesten Mitarbeiter, wenn sie auch Demut zeigen können. Dazu gehört etwa, Fehler eingestehen zu können, Dankbarkeit für die Leistung der Mitarbeiter zu zeigen oder anzuerkennen, wenn die Untergebenen mehr wissen als der Chef selbst.

Erstaunlich dabei ist: Wenn Vorgesetzten Narzissmus völlig fehlt und sie sich nicht wie ein Alpha-Tier verhalten, ist das zwar für viele Mitarbeiter angenehm – aber sie bringen auch nicht die beste Leistung. Das Gleiche passiert, wenn Chefs allein über ihre Alpha-Stellung führen und ihnen jegliche Ergebenheit gegenüber den Mitarbeitern fehlt. Zwar sind Narzissten durch ihre Selbstverliebtheit in der Regel ehrgeizig. Aber sie schaffen es dann nicht, das Team zu motivieren, diesem Ehrgeiz auch zu folgen. Der Narzissmus wird in diesem Fall auch durch keine positiven Führungseigenschaften eingedämmt.

Narzissmus spornt zum Ehrgeiz an

Die Forscher hatten für ihre Studie über 1000 Mitarbeiter samt ihrer Führungskräfte einer Versicherung befragt. Die Chefs wurden dabei nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt, die Mitarbeiter nach der Fähigkeit der Vorgesetzten, sich demütig zu verhalten. Außerdem sollten die Mitarbeiter die Leistungen ihres Chefs bewerten, die Führungskräfte wiederum das Engagement der Mitarbeiter. Zugleich erfolgte ein Abgleich mit den Unternehmenskennziffern und den im Unternehmen verfügbaren objektiv messbaren Daten zur Leistung der Beschäftigten.

Danach waren die Chefs am beliebtesten, die zwar durchaus narzisstische Persönlichkeitsmerkmale aufwiesen, aber dennoch Empathie und Dankbarkeit zeigen konnten. Sie motivierten ihre Mitarbeiter stärker und wurden häufiger als Coach und Hilfe wahrgenommen. Die Mitarbeiter identifizierten sich stärker mit diesen Chefs als die Mitarbeiter, die einen egomanischen oder völlig ergebenen Vorgesetzten hatten. Und das hatte offenbar einen Einfluss auf die Arbeitsleistung der Teams. Nicht nur die subjektive Bewertung der Arbeitsleistung fiel besser aus, auch die Unternehmenskennzahlen lieferten der Studie zufolge Belege dafür.

Man sieht also: Chefsein erfordert ein gewisses Sendungsbewusstsein und eine Prise Egoismus und Geltungsdrang. Aber ohne Empathie geht es nicht.

Tina Groll

Die Journalistin und Buchautorin Tina Groll arbeitet als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. Ihre Schwerpunkte sind Gleichberechtigung in der Arbeitswelt, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie Pflege und Rente.