Fußballtrainer müssen nicht nur Sportlehrer und Strategen des Spiels sein, sondern auch Motivationskünstler und Konfliktmanager. Wie können Führungskräfte ihr Potenzial mit den Methoden der Fußballprofis voll ausschöpfen?
Ein Gastbeitrag von Karin Helle und Claus-Peter Niem
Führungskräfte wissen, das Führen von Teams ist eine echte Herausforderung. Denn die Aufgaben, die Vorgesetzte und Mitarbeiter an Menschen in Führungspositionen stellen, werden immer anspruchsvoller. Führungskräfte müssen heute – und das ist die Kunst und Last – Multikönner und Multitasker sein. Und zwar alle, die in Führung sind – das unterscheidet sie erheblich von anderen Berufen, in denen Einzelne sich auch mal in Nischen einrichten können.
Und dann das noch: einerseits mehr Verantwortung, mehr Einsatz, (zu) viele Baustellen. Andererseits sind flache Hierarchien und Strahlkraft gefragt – weg vom Management, hin zu Leadership und Empowerment, hin zu visionärer und mutiger Führung! Führungskräfte müssen täglich vorausdenken, über den Tellerrand schauen, über sich hinauswachsen, die Welt in zehn oder 20 Jahren sehen, begeistern, motivieren, dem Team Energie geben. Dabei immer im Nacken: der Faktor Zeit.
Führung ist im Wandel
Oder anders gesagt: zu wenig Zeit zum Führen. Das beklagen zumindest 79 Prozent aller Menschen in Führung – ganz egal, ob sie ein Unternehmen leiten, eine Firma managen, eine Gruppe von Menschen führen oder ein Team coachen. So oder so: Führung ist im Wandel. Und eine echte Herausforderung, wenn Sie sich entschieden haben, diesen Weg zu gehen – ob im neuen Job, der neuen Saison, dem neuen Semester.
Im Profifußball haben sich moderne Trainer und Manager in den vergangenen Jahren zu vorbildlichen Führungskräften entwickelt, die Hochleistungsteams erfolgreich führen können. Die Antwort auf die Frage, wie sie das geschafft haben und welche Hürden sie dabei gemeistert haben, dürfte auch Führungskräfte in anderen Organisationen interessieren. Denn Führung ist ein Topthema, ist der wichtigste Stellhebel, der stabilisierende Faktor, die größte Herausforderung für Entscheider. Jedes Team braucht Führung, eine Richtungsvorgabe, ein Ziel, eine Vision.
Erfolg folgt, wenn man den Dingen Zeit gibt
Ein hervorragendes Beispiel, was alles möglich ist, wenn man sich gemeinsam auf den Weg macht und sich Zeit für Entwicklungsprozesse nimmt, ist die Erfolgsgeschichte der deutschen Fußballnationalmannschaft der Männer seit 2004. Sie fing mit der fast unlösbar scheinenden Herausforderung der Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land an und reichte bis hin zum Gewinn des Weltmeistertitels in Brasilien 2014. Nicht umsonst sprachen die beiden Protagonisten – Jürgen Klinsmann und Joachim Löw – schon damals von einem Zehn-Jahres-Plan, den es anzuschieben gelte, um den deutschen Fußball wieder in altem – oder besser gesagt – neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Sie hatten recht: Erfolg folgt, wenn man den Dingen Zeit gibt.
Es lohnt aber auch ein Blick auf Samstagnachmittag, 15.30 Uhr, wenn auf den großen Fußballbühnen Deutschlands die Spiele angepfiffen werden. Unter der Woche pauken die Teams Automatismen, studieren neue Laufwege ein, lernen und üben kleinschrittig und kognitiv. Doch am Spieltag ist alles anders. Emotionen sind gefragt. Es gilt, das Gelernte umzusetzen und abzurufen – mutig nach vorn zu schauen, zu spielen, im Jetzt zu sein – und das möglichst voll und ganz aus dem Bauch heraus, mit Instinkt.
Wie schaltet man den Kopf aus und die Emotionen an?
Eine ganz andere Aufgabe also, die an Spieltagen von Trainern gefordert wird. Die Kurzformel für Trainer könnte lauten: Lass die Tiere raus! Aber wie weckt man das Tier in einem Spieler? Wie schaltet man den Kopf aus und die Emotionen an? Ein Rezept: die Sinne nutzen. Jeder Mensch lernt bekanntlich anders, wird durch einen anderen Sinn angesprochen, hat eigene Präferenzen. Da hilft es, den Spielern vor Augen zu führen, dass der Rasen brennen muss.
Es gilt, eine Initialzündung auszulösen, durch Worte, ein Bild, ein Signal, eine Metapher. Eine Initialzündung, die ein Team durch das Spiel trägt und im besten Fall für die Energie sorgt, ein ganzes Turnier zu meistern – auf einer Woge der Emotionen. Das ist in der Tat die Kunst großer Trainer. Einerseits unter der Woche zu lehren, zu fördern und zu fordern, also Expertenwissen fach- und sachgerecht umzusetzen und dem Team in kleinen Dosierungen zukommen zu lassen, und immer wieder einschleifen und wiederholen, bis das Spielsystem passt – wie eine superbequeme, alte Jeans. Und auf der anderen Seite: das Tier im Spieler wecken, Emotionen schüren, einschwören auf das Spiel, im richtigen Moment berühren. One Touch! Oder: der Unterschied, der den Unterschied ausmacht!
Fünf Keys guter Führung!
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Lassen Sie sich von unseren Erkenntnissen und Erfahrungen inspirieren und übernehmen Sie das, was zu Ihnen und Ihrem Kontext passt! Entwickeln Sie in Ihrer Führungsrolle Persönlichkeit! Von Topentscheidern lernen – auf und neben dem Platz. Damit Sie in Führung gehen – wo immer Sie gerade an der Spitze eines Teams stehen!
One touch. Was Führungskräfte vom Profifußball lernen können
Mit Einwürfen von Jürgen Klinsmann, Joachim Löw & Co.
von Claus-Peter Niem und Karin Helle
Campus Verlag (1. Auflage, Oktober 2016)
19,95 Euro (D)
ISBN 978-3-593-50609-8