Der Landkreis Starnberg vor den Toren Münchens führt nicht nur bei Kaufkraft und Einkommen – auch gesundheitlich stehen die Menschen dort besser da als anderswo.
Im wohlhabendsten Landkreis Deutschlands arbeiten offenbar auch die gesündesten Beschäftigten: Mit durchschnittlich 14,6 Krankheitstagen pro Jahr fehlen Erwerbstätige in Starnberg seltener als irgendwo sonst in Deutschand. Das teilten der BKK-Dachverband und der Landesverband Bayern der Betriebskrankenkassen (BKK) mit.
Zum Vergleich: Bundesweit meldeten sich Arbeitnehmende 2024 im Schnitt an 22,3 Tagen krank. Besonders hoch lagen die Fehlzeiten im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt, wo Beschäftigtem mit 32,5 Krankheitstagen mehr als doppelt so oft ausfielen wie in Starnberg.
Wohlstand und Gesundheit – ein Zusammenhang?
Starnberg ist seit Jahren nicht nur ein Magnet für Wohlhabende, sondern glänzt auch in Statistiken zu Kaufkraft, Lebensqualität und Lebenserwartung. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln lag die durchschnittliche Kaufkraft pro Einwohner Ende 2023 bei 35.392 Euro – ein Spitzenwert in Deutschland. Auch Haushaltseinkommen, Bildungsniveau und die ärztliche Versorgung übertreffen den Bundesdurchschnitt.
Für die Betriebskrankenkassen ist das kein Zufall. „Wohlstand, Bildung und Gesundheitsbewusstsein hängen eng zusammen“, sagt Anne-Kathrin Klemm, Vorstand des BKK-Dachverbands. „In Regionen mit hoher wirtschaftlicher und sozialer Stabilität sehen wir tendenziell gesündere Lebensstile, bessere Prävention und schnellere medizinische Versorgung.“ Das wirke sich direkt auf das Gesundheitsverhalten und die Fehlzeiten aus.
Ost-West-Gefälle beim Krankenstand
Die Zahlen zeigen auch ein deutliches regionales Gefälle: Während im Westen und Süden Deutschlands die Fehlzeiten niedrig blieben, lagen sie in vielen ostdeutschen Landkreisen deutlich höher. Neben dem Salzlandkreis verzeichneten auch Mansfeld-Südharz und die Stadt Gera besonders hohe Krankenstände.
Die Gründe dafür sind vielfältig, erklären die BKK-Analyst:innen. Dazu zählen:
– eine ältere Bevölkerung in vielen ostdeutschen Regionen,
– höhere Arbeitsbelastung in bestimmten Branchen,
– schlechter Zugang zu Fachärzt:innen sowie
– sozioökonomische Faktoren wie niedrigere Einkommen und höhere Arbeitslosigkeit.
- Einkommensunterschiede beeinflussen Zufriedenheit
- Krankheitsausfälle leicht gesunken
- Bedingungsloses Grundeinkommen: Studie widerlegt Mythos der sozialen Hängematte
Der Vergleich mit den Vorjahren zeigt, dass der Krankenstand 2024 im Vergleich zu 2023 leicht gesunken ist, aber weiterhin über dem Niveau vor der Corona-Pandemie liegt. Auffällig bleibt der hohe Anteil psychischer Erkrankungen, die laut BKK rund 17 Prozent aller krankheitsbedingten Ausfälle ausmachen.
Auch hier spielt die Region eine Rolle: In wirtschaftlich schwächeren Gebieten treten psychosomatische Beschwerden wie Erschöpfung, Depression oder Burnout häufiger auf – oder bleiben unbehandelt, weil es an mediziner Versorgung fehlt.
Politik in der Pflicht
Gesundheitsexpert:innen sehen in den regionalen Unterschieden einen Auftrag an die Politik. „Es kann nicht sein, dass der Wohnort darüber entscheidet, wie gesund ich bin oder wie schnell ich einen Therapieplatz bekomme“, sagt Prof. Dr. Hendrik Krüger vom Deutschen Institut für Sozialmedizin. Er fordert mehr Investitionen in Prävention und Gesundheitsbildung, vor allem in strukturschwachen Regionen. Der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) sieht die Zahlen dagegen als Bestätigung des regionalen Konzepts: „Unsere Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheitsversorgung zahlen sich aus – auch für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger.“

