Corona-Abi macht junge Menschen unglücklich

Person stützt Kopf in Hand

Eine aktuelle Studie zeigt: Junge Menschen, die in der Pandemie Abitur gemacht haben, sind mit ihrem Leben unzufriedener als die Jahrgänge zuvor.

Die Lebenszufriedenheit von Abiturientinnen und Abiturienten der Jahrgänge 2020 und 2021 ist während der Coronapandemie überdurchschnittlich gesunken. Das Wohlbefinden der jungen Menschen sank laut einer Studie der Universität Bamberg und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf einer Skala von null bis zehn um einen halben Punkt – das ist ein halber Punkt mehr als beim Rest der Bevölkerung.

Das Erstaunliche an dem Ergebnis ist, dass Abiturientinnen und Abiturienten in der Regel sehr optimistisch in die Zukunft blicken und auch ihre eigene Lebenszufriedenheit hoch einschätzen. Der Einbruch ist den Forscherinnen und Forschern zufolge daher sehr untypisch. Mehr noch: Er entspricht dem junger Menschen, die einen Krieg erleben!

Starke Auswirkungen der Corona-Maßnahmen für die junge Generation

Wir sind der Wandel-NewsletterDie Studie untermauert damit, wie heftig die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen für die junge Generation waren. Dabei war nach den ersten Schulschließungen im März 2020 die mentale Gesundheit der Abiturjahrgänge noch nicht stark beeinträchtigt. Wie aber bei der Bevölkerung insgesamt, sank die Lebenszufriedenheit im Verlauf der Pandemie und besonders stark im sehr langen Lockdown im zweiten Corona-Winter 2020/2021 auch bei den Abiturjahrgängen. In diesem Zeitraum stiegen vor allem die Angst- und Depressionsrisiken der Abiturientinnen und Abiturienten 2021 stark an, und die Lebenszufriedenheit ging zurück.

Erst nach dem Verlassen der Schule verbesserte sich das Wohlbefinden der jungen Erwachsenen wieder. Allerdings stellt die Untersuchung fest, dass sowohl der Abijahrgang 2020 als auch der von 2021 das Niveau der Gesundheit und Zufriedenheit vor der Corona-Krise bis Herbst 2021 noch nicht wieder erreicht hatte.

Negative Folgen noch über Jahre

Auch andere Studien gehen davon aus, dass die Beeinträchtigungen durch die Corona-Maßnahmen wie Schulschließungen, Distanzunterricht und Kontaktbeschränkungen dauerhaft negative Folgen haben wird. Okönominnen erwarten etwa, dass in Folge der Pandemie das Bruttoinlandsprodukt noch einmal zwei bis drei Prozent Einbußen haben könnte – weil Talente nicht ausreichend gefördert werden konnten und Lebenschancen daher nicht ergriffen wurden. Die Corona-Generation wird daher wohl ein erhöhtes Risiko von vorzeitigen Ausbildungs- oder Studienabbrüchen haben, was auch Folgen für die Volkswirtschaft hat. Denn freilich verursachen Bildungsabbrüche und -wechsel Kosten für die gesamte Wirtschaft.

Basis der Analyse sind Daten des IAB von rund 8.000 Abiturientinnen und Abiturienten im Zeitraum von Herbst 2019 bis Herbst 2021. Sie besuchten 217 Schulen in acht Bundesländern, unter anderem Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.