Digitale Gesundheitsversorgung: Hohe Akzeptanz, geringe Nutzung

Smartphone in Hand

Eine aktuelle Studie zeigt dringenden Handlungsbedarf: Versicherte stehen digitalen Gesundheitsangeboten offen gegenüber, doch deren Bekanntheit und Nutzung hinken den Erwartungen hinterher.

Die meisten gesetzlich Krankenversicherten stehen digitalen Versorgungs- und Präventionsangeboten positiv gegenüber. Laut der aktuellen „Digital Health“-Studie der Unternehmensberatung EY sind rund zwei Drittel offen für digitale Leistungen – wenn diese aktiv angeboten werden. Für etwa 30 Prozent der rund 1.000 Befragten macht es keinen Unterschied, ob das Angebot analog oder digital ist. Etwa 16 Prozent bevorzugen digitale Angebote. Nur 20 Prozent lehnen ein passendes digitales Angebot ab. Allerdings – und hier zeigt sich das große Aber – nutzen und kennen die Versicherten die digitalen Produkte und Services kaum: Selbst das populärste Angebot – das digitale Postfach – kennen nur 35 Prozent. Noch weniger wissen über digitale Produkte, die die Versorgung verbessern. Nur 16 Prozent wissen, dass ihre Krankenkasse digitale Präventionsangebote bereithält.

Geringe Bekanntheit digitaler Angebote – Krankenkassen müssen handeln

Irrtümer und Mythen rund ums Arbeitsrecht„Das Spannungsfeld zwischen grundsätzlicher Offenheit der Versicherten und geringer Bekanntheit und Nutzung digitaler Versorgungsangebote zieht sich durch die gesamten Ergebnisse und zeigt dringenden Handlungsbedarf“, erklärt Felix Schaffelhofer, Partner und Healthcare-Experte bei EY. Der politische Wille zur Digitalisierung im Gesundheitswesen ist stark, und der regulatorische Druck auf die gesetzlichen Krankenkassen hoch. Zugleich drängen Versorgungslücken, die sich in der Pädiatrie, bestimmten Fachgebieten und Regionen und sich in der hausärztlichen Versorgung zeigen, zur Entwicklung digitaler Angebote. „Nutzen die Krankenkassen den Hebel der Digitalisierung nicht, drohen bereits in naher Zukunft Versicherte ohne Zugang zu adäquater Versorgung mit entsprechenden Folgen für deren Gesundheit und Zufriedenheit sowie weiter steigende Kosten für das System“, so Schaffelhofer.

Laut der Studie kommt den Krankenkassen zunehmend auch die Rolle eines Lotsen durch das Gesundheitssystem zu. 96 Prozent der Versicherten ist es am wichtigsten, dass ihre Krankenkasse die benötigten Gesundheitsleistungen zuverlässig bezahlt. Mehr als zwei Drittel wünschen sich zudem Beratung zu Gesundheitsfragen (71 Prozent). Für über die Hälfte ist es wichtig, dass ihre Krankenkasse sie aktiv durch das Gesundheitssystem navigiert (59 Prozent). 87 Prozent würden es begrüßen, wenn ihre Krankenkasse mit einem maßgeschneiderten Versorgungsangebot auf sie zukommt. „Das Vertrauen, das ihnen die Versicherten damit entgegenbringen, sollten die Krankenkassen schätzen und die gewünschten Rollen auch in ihrem eigenen Sinne ausfüllen. Digitale Angebote und Plattformen eröffnen dabei vielversprechende Möglichkeiten“, meint Schaffelhofer.

ePa und Telemedizin: Gefragt sind passende Angebote und Aufklärung

Die Befragten zeigen auch gegenüber der elektronischen Patientenakte (ePA) aufgeschlossen, die ab 2025 automatisch für alle gesetzlich Versicherten angelegt wird – es sei denn, sie widersprechen. Mehr als die Hälfte der Versicherten beabsichtigt nicht, sich aktiv dagegen auszusprechen. Nur 13 Prozent wollen dies tun. Aktuell ist die ePA bei über der Hälfte (57 Prozent) der Versicherten noch unbekannt. Die Nutzung von Videosprechstunden ging nach der Corona-Pandemie deutlich zurück. Versicherte setzen bei der Interaktion mit ihren Ärzt:innen primär auf altbekannte Wege. Dabei erkennen 86 Prozent die Vorteile von Videosprechstunden, etwa für das Ausstellen von Rezepten (53 Prozent) oder das Besprechen von Laborergebnissen (49 Prozent). Melanie Bohn, Managerin Digital Health bei EY, betont: „Um die Potenziale digitaler Services und Leistungen zu heben, ist neben der gezielten Entwicklung passender Produkte auch ein gutes Marketing essenziell – beides auf Basis einer fundierten Datenanalyse und unter Berücksichtigung der individuellen Versichertenstruktur der jeweiligen Krankenkasse.“

Versicherte wünschen alle digitalen Services und Leistungen in nur einer App

Versicherte wollen alle Services ihrer Krankenkasse in einer einzigen App (81 Prozent) nutzen – das zeigt die seit 2021 regelmäßig durchgeführte EY Digital-Health-Studie. Je jünger die Versicherten, desto eher wollen sie digital kommunizieren. Die Krankenkassen-App ist jedoch auch bei Versicherten mittleren Alters (40 bis 59 Jahren) etabliert. Je digitalaffiner die Versicherten, desto eher kennen sie die digitalen Produkte und Services ihrer Krankenkasse. Ausnahmen sind die Erinnerungsfunktion für Vorsorgeuntersuchungen und die digitale Anzeige passender Fachärzte für eine Folgebehandlung. Diese Services sind auch bei nicht digitalaffinen – oft älteren – Versicherten bekannt. Bohn: „Auch sie beschäftigen sich mit digitalen Leistungen, sobald diese relevant für sie sind.“


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EY Digital Health untersucht seit Januar 2021 regelmäßig über eine Online-Befragung die Perspektive von gesetzlich krankenversicherten Personen in Deutschland auf digitale Serviceangebote im Gesundheitswesen – in diesem Jahr erstmals unterstützt von Brainwave. Für die aktuelle Studie „EY Digital Health | Verbraucherperspektive auf digitale Serviceangebote im Gesundheitswesen“ wurde im Februar 2024 eine repräsentative Stichprobe von rund 1.000 gesetzlich versicherten Personen mit einem strukturierten Fragebogen zu Meinungen, Erwartungen und Präferenzen in Bezug auf die digitale Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und von Digitalangeboten von gesetzlichen Krankenkassen (GKV) im Speziellen befragt.

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