Das Hamsterrad hat viele im Griff – der Ruf, raus aus diesem, ist daher allgegenwärtig. Doch ist gleich jedes Hamsterrad schlecht? Die Kunst ist vielmehr, das rechte Maß zu finden, so Barbara Messer.
Ein Gastbeitrag von Barbara Messer
Als Kind konnte ich meinem Hamster stundenlang zuschauen, wenn er vergnüglich seine Runden im Hamsterrad drehte. Es quietschte ein wenig und hielt mich dadurch manchmal vom Nachtschlaf ab, wenn er allzu schnell lief – sehr zum Ärger meiner Mutter. Das leichte Quietschen und Rattern aber beruhigte mich, weil ich ihn so hörte. Mein Hamster liebte sein kleines Rad. Er kannte allerdings auch nicht die große weite Welt.
Nun liest man immer wieder in Fachbeiträgen, Erfahrungsberichten und Beiträgen: „Raus aus dem Hamsterrad“ – als wenn dieses nur schlecht wäre. Solche Aufforderungen dienen dazu, dass Menschen ihre jetzige Situation überprüfen und sich fragen sollten, ob sie so weiter machen wollen wie bisher. Doch was ist so ein Hamsterradleben eigentlich? Natürlich lohnt sich die Frage, die eigenen Routinen zu überprüfen. Mit zunehmendem Alter nimmt ja auch das Bewusstsein über die Endlichkeit des Lebens zu. Zweifel am eigenen Lebenskonzept gehören also dazu.
Wer seine Routinen bricht, macht neue Erfahrungen
Doch bevor Menschen nun ein Sabbatical nehmen, den Jakobsweg gehen oder andere größere Veränderungen in ihrem Leben schaffen, sollten sie kurz inne halten, denn Veränderung findet sich bereits überall im Alltag. Um dem Leben mehr Würze und Intensität zu geben, können wir täglich unsere Routinen und Alltagsmuster brechen, etwas Neues ausprobieren und wagen.
Mit meinem Jahr im Wohnmobil verließ ich fast alle meine Muster und Gewohnheiten. Ich spürte, wie intensiv es ist, nicht gleich wieder neue zu installieren – obwohl der Alltag es vorgab. Denn Wasser auffüllen, nach sicheren Plätzen schauen, kochen, meinem Business nachgehen und andere Aufgaben zwangen mich fast schon, routinemäßig zu agieren. Laufen Dinge nicht routiniert ab, kosten sie viel Kraft und Aufmerksamkeit.
„Rhythmus ersetzt Kraft“ ist ein Zitat, was mich schon lange begleitet. Ohne Routinen wollen und dürfen die Prozesse immer wieder neu entdeckt werden. Dabei scheint das rechte Maß zu finden die Kunst zu sein.
Das pure Leben spüren
Warum wir nicht viel brauchen, um glücklich zu sein
von Barbara Messer
Gabal Verlag (1. Auflage, März 2018)
15 Euro (D)
ISBN 978-3-86936-834-4