Im Eilschritt zur Digitalisierung

Smartphone in Hand

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung erheblich vorangetrieben. Die Ausstellung #neuland im Nürnberger Museum für Kommunikation zeigt aber: so viel Neues ist gar nicht dazugekommen.

Für Millionen Beschäftigte ist es mittlerweile normal, vom Homeoffice aus zu arbeiten. Es ist ihnen vertraut, dass Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten per Webcam ins Arbeitszimmer gucken können. So ziemlich jede Absprache lässt sich auch leicht per Videokonferenz treffen. Und auch das Freizeitleben ist digitaler geworden: Man schaut sich Live-Konzerte per Stream an, tanzt zu gestreamter Musik, die eine DJane auflegt, oder trifft sich per Webcam mit Freunden, um gemeinsam zu kochen oder etwas zu trinken. Weiterbildungen, Sport, Chorproben, Verwandtenbesuche – vieles geht in der Pandemie digital. Manches ist dabei nur ein fader Ersatz, anderes eine echte Alternative.

Jetzt beschäftigt sich eine Ausstellung mit der Lernkurve, die letztlich die gesamte Gesellschaft in den Pandemiemonaten hingelegt hat. Im Zeitraffer wurde quasi die halbe Welt digitalisiert, was die Schau würdigt. Die Ausstellung mit dem Titel #neuland wird im Nürnberger Museum für Kommunikation eröffnet und war bereits im Frankfurter Schwestermuseum zu sehen. Die Schau wurde eigens ergänzt, um Phänomene der Corona-Zeit zu zeigen: Briefe, Pakete, Masken.

Altes erlebt vielfach sein Revival

Für die Kuratorinnen steht fest: Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten, aber sie ist gar nicht so umfassend und alles verändernd, wie zunächst befürchtet. Denn es gibt gar nicht so viele neue digitale Angebote, sondern nur Angebote, die digitalisiert worden sind. Letztlich arbeiten die meisten Menschen fast so wie sie es auch vor der Krise taten; nur dass für manches jetzt technische Tools eingesetzt werden.

Das macht Mut, auch den weiteren Weg zu gehen – der Wandel ist vielleicht besser zu bewältigen, als manche oder mancher angenommen hatte. Und noch etwas zeigt die Krise: Bestimmte Dinge wie die Nutzung des analogen Fernsehens haben in der Pandemie wieder zugenommen. Längst vergessene Reiseziele in der nahen Umgebung werden wieder entdeckt. Viele Menschen steigen aufs Rad um. Mehr Entschleunigung trotz steigender Digitalisierung und Automatisierung? Anscheinend ist das möglich. Altbewährtes kommt in die digitale Welt zurück, möglicherweise ergibt sich sogar ein Mix mit dem Besten aus der alten und der neuen Welt.

Tina Groll

Tina Groll arbeitet hauptberuflich als Redakteurin bei ZEIT ONLINE im Ressort Politik & Wirtschaft. 2008 zeichnete sie das Medium Magazin als eine der “Top 30 Journalisten unter 30 Jahren“ aus. Sie ist Mitglied im Deutschen Presserat sowie als Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union tätig. Als Autorin von WIR SIND DER WANDEL beschäftigt sie sich mit der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Gesundheitspolitik.